Rz. 79
Eine GmbH & Co. unterhält oftmals ein Gewerbe i. S. d. HGB und zugleich auch ein gewerbliches Unternehmen i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 15 Abs. 2 EStG. Aus diesem Grund erzielen ihre Gesellschafter, soweit sie zugleich als Mitunternehmer anzusehen sind, Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Rz. 79a
Nach ständiger Rspr. besteht bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts die – allerdings widerlegbare – Vermutung, dass sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreibt und ertragsteuerlich einen Gewerbebetrieb unterhält. Diese Vermutung wird dadurch widerlegt, dass nachweislich eine andere Tätigkeit ausgeübt wird. Als andere Tätigkeit kommen aus ertragsteuerlicher Sicht eine land- und forstwirtschaftliche sowie eine freiberufliche, aber auch eine vermögensverwaltende Tätigkeit in Betracht. Von Publikums-KG werden häufig größere Grundstückskomplexe oder Wertpapierbestände zur Einkünfteerzielung und Vermögensanlage genutzt.
Rz. 80
Die im Ertragsteuerrecht sonst anzutreffende eindeutige Anknüpfung an Sachverhaltsmerkmale und die strikte Abhängigkeit von tatsächlichen Verhältnissen wird durch die Gepräge-Gesetzgebung bzw. -Rspr. teilweise aufgehoben. Über § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wird unwiderlegbar fingiert, dass als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft gilt,
- die keine gewerbliche Tätigkeit ausübt,
- bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und
- bei der nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind.
Rz. 81
Entsprechend dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung erzielt eine GmbH & Co. – ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche wirtschaftliche Betätigung – regelmäßig und insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 EStG. Mit dieser Festlegung sind zugleich alle Vor- und Nachteile verbunden, die bei Vorhandensein von ertragsteuerlichem Betriebsvermögen entstehen. Dazu zählen einerseits alle Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte sowie Sonderabschreibungen, andererseits aber auch die Aktivierung von Leistungsforderungen sowie die Erfassung von Substanzgewinnen, die aus der Reinvermögenszuwachstheorie resultieren.
Rz. 82
An dieser Stelle wird im Übrigen ein weiterer Aspekt der Wandlungsfähigkeit einer GmbH & Co. deutlich. Die vorstehend beschriebene Fiktion eines Gewerbebetriebs tritt nämlich nur ein, wenn die von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Fehlt nur eine davon, gibt in der Ausnahme von der Ausnahme die tatsächliche Betätigung den einkünftebestimmenden Ausschlag. Damit erschließt sich ein interessanter ertragsteuerlicher Gestaltungsspielraum. Durch Einsetzen einer natürlichen Person als weiteren persönlich haftenden Gesellschafter oder durch die Übertragung der Geschäftsführung innerhalb der KG auf eine natürliche Person, die zugleich Gesellschafter ist, anstelle oder neben der Komplementär-GmbH wird die Fiktion eines Gewerbebetriebs beseitigt. Wichtig ist: Für eine sog. Entprägung genügt es nicht, wenn die natürliche Person, die zugleich Gesellschafter ist, die Geschäftsführung als Organ der Komplementär-GmbH wahrnimmt.
Rz. 83
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Aufgabe der Gepräge-Rspr. (§ 15 ESG Rz. 301ff.). Nach dieser Vorschrift gilt die Tätigkeit der dort näher definierten gewerblich geprägten Personengesellschaft auch dann als Gewerbebetrieb, wenn sie nicht gewerblich tätig ist. Diese Fiktion gilt allerdings nur für die mit einer Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die ohne Einkünfteerzielungsabsicht, also als Liebhaberei (Rz. 94), unternommen wird, ist von der Regelung nicht erfasst. Dies ist insbesondere von Bedeutung für Abschreibungsgesellschaften (Rz. 233).
Rz. 83a
Eine Personengesellschaft ist gewerblich geprägt, wenn ihre persönlich haftenden Gesellschafter ausschließlich Kapitalgesellschaften sind und nur diese oder gesellschaftsfremde Personen zur Geschäftsführung befugt sind. Der Begriff der Geschäftsführung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist im gesellschaftsrechtlichen Sinn nach den §§ 114–177, 164 HGB bzw. den §§ 709–713 BGB zu verstehen. Alle zur Bestimmung der Prägewirkung umschriebenen Begriffe müssen somit gesellschaftsrechtlich interpretiert werden. Maßgeblich ist insoweit die aus dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag abgeleitete organschaftliche Befugnis. Eine Tätigkeit aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsvertrags reicht indessen nicht aus. Wird also einem Kommanditisten, der eine natürliche Person ist, auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage die organschaftliche Befugnis zur Geschäftsführung übertragen, wird eine gewerbliche Prägung nicht erreicht oder wieder zerstört. Das gilt auch, wenn die natürliche Person neben einer Kapitalgesellschaft zur Geschäftsführung befugt sein sollte.