3.7.1 Problemstellung
Rz. 142
Trotz der durch den BFH weitgehend geklärten Rechtslage zur Gewinnverteilung ist in Einzelfällen immer wieder strittig, ob der vertraglich vereinbarte und der Komplementär-GmbH zugewiesene Gewinnanteil angemessen, d. h. ausreichend hoch ist. Das gilt naturgemäß fast ausschließlich für die GmbH & Co. im engeren Sinne, bei der die Gesellschafteridentität Vereinbarungen und Sachverhalte ermöglicht, die unter Fremden ungewöhnlich oder gar ausgeschlossen erscheinen.
Rz. 142a
Unter dem Halbeinkünfteverfahren war es bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG steueroptimal, der Komplementär-GmbH einen größeren Gewinnanteil zukommen zu lassen. Soweit der Gewinn bei der GmbH thesauriert wurde, unterlag ihr Gewinnanteil aus der KG einer niedrigeren Besteuerung als bei den Kommanditisten, sofern deren individuelle Steuersätze höher waren als der Thesaurierungssatz bei der GmbH. Durch die Einführung des Teileinkünfteverfahrens haben sich hier jedoch Änderungen ergeben, die es erfordern, die ursprünglich vereinbarte Gewinnverteilung zu überprüfen und ggf. anzupassen. Soweit solche Gewinnverteilungen nachträglich geändert werden, stellt sich die Frage der Angemessenheit bzw. des Vorliegens einer vGA bzw. verdeckten Einlage.
Rz. 142b
Im Übrigen kann auch die zwischen den Kommanditisten vereinbarte Gewinnverteilung unangemessen und daher steuerlich nicht anzuerkennen sein. Dies betrifft insbesondere den Fall von Familien-GmbH & Co. KGs. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob eine verdeckte Einkommensverwendung gegeben ist.
3.7.2 Ertragsteuerliche Ansatzpunkte
Rz. 143
Rechtsgrundlage für die Beanstandung und Korrektur der vereinbarten Gewinnverteilung bildet in den wenigsten Fällen die Missbrauchsvorschrift des § 42 AO, weil es meist an eindeutigen Beweisen hierfür fehlt. Daneben bestehen aber noch andere Ansatzpunkte, die von der höchstrichterlichen Rspr. in Streitfällen regelmäßig herangezogen werden, etwa die Grundsätze, die zur Behandlung von Gewinnverteilungsabreden unter nahen Angehörigen und zur Frage vGA entwickelt worden sind. Rechtsgrundlage bilden insoweit also die §§ 2, 12 und 15 EStG sowie § 8 Abs. 3 S. 2 KStG.
Rz. 144
Die Heranziehung der in Rz. 143 genannten Korrekturnormen resultiert aus dem Umstand, dass die Komplementär-GmbH bei einer GmbH & Co. i. e. S. wirtschaftlich von den Kommanditisten abhängig ist. Die Möglichkeit, Gewinne oder Verluste dorthin zu verlagern, wo sie sich steuerlich am günstigsten auswirken, ist besonders groß, weil derselbe Personenkreis in beiden Gesellschaften die dafür erforderlichen Entscheidungen trifft. In Streitfällen geht es der Finanzverwaltung regelmäßig darum, der Komplementär-GmbH einen höheren Gewinnanteil zuzurechnen oder – in Verlustfällen – einen höheren Verlustanteil zuzuweisen.
3.7.3 Begriff und Auswirkung einer verdeckten Gewinnausschüttung
Rz. 145
Während für die Beanstandung der Gewinnverteilung bei Personengesellschaften im Allgemeinen die §§ 2, 12 und 15 EStG heranzuziehen sind, gilt im Verhältnis der Komplementär-GmbH die Spezialvorschrift des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG (vGA) oder auch § 8 Abs. 3 S. 3 KStG (verdeckte Einlagen). Sie ersetzt bei Körperschaften die Entnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG und kommt zur Anwendung, wenn die Komplementär-GmbH im Rahmen der Gewinnverteilung zugunsten ihrer Gesellschafter benachteiligt worden ist.
Rz. 146
Der Begriff der vGA in § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der vom BFH in st. Rspr. einheitlich durch Umschreibung der am häufigsten auftretenden Anwendungsfälle definiert wurde.
Rz. 147
Nach der ursprünglichen Definition des BFH ist eine vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurde, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung steht. Später hat der BFH versucht, diese Definition weiter zu verfeinern. Er definiert die vGA jetzt als "eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht". Gegenüber der bisherigen Definition hat der BFH damit das Merkmal "Minderung des Einkommens" durch "Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag" ersetzt und diese "neue Formel" als "Verkürzung" der bisherigen Definition bezeichnet.
Übertragen auf die Verhältnisse bei einer GmbH & Co. liegt der Ansatzpunkt vorwiegend in der verhinderten Vermögensmehrung, die aus einer unzureichenden Beteiligung am Gewinn der Mitunternehmerschaft entsteht. Im Verhältnis der Komplementär-GmbH zu den an ihr beteiligten Kommanditisten können aber ebenfalls vGA in Gestalt von Vermögensminderungen bei überhöhten Vergütungen für die Geschäftsführung vorliegen.