4.3.2.1 Zielsetzung einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelung
Rz. 111
Im Gegensatz zu den Anteilen an einer Personengesellschaft sind die Anteile an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich frei vererblich (§ 15 Abs. 1 GmbHG).Entsprechend wird der Bestand der Kapitalgesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht beeinflusst.
Rz. 112
Nachfolgeklauseln bei Kapitalgesellschaften kommt daher – im Vergleich zu Nachfolgeklauseln bei Personengesellschaften – eine umgekehrte Regelungsrichtung zu, nämlich die Anpassung oder Beschränkung der gesetzlichen freien Vererblichkeit. Das gilt insbes. für Familiengesellschaften, die den Eintritt Dritter in das Unternehmen vermeiden wollen.
4.3.2.2 Probleme beim Fehlen einer Nachfolgeregelung
Rz. 113
Mit dem Erbfall geht automatisch auch der Kapitalgesellschaftsanteil auf den Erben (§ 1922 Abs. 1 BGB), ggf. auf die Erbengemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB), zu. Probleme ergeben sich bei der Erbengemeinschaft dahingehend, dass diese nur gemeinschaftlich die Rechte aus dem Geschäftsanteil ausüben kann (§ 18 Abs. 1 GmbHG; § 69 Abs. 1 AktG). Das kann den Geschäftsbetrieb verlangsamen, wenn divergierende Ansichten in der Erbengemeinschaft zu anstehenden unternehmerischen Entscheidungen bestehen. Hier sollte ein gemeinsamer Vertreter für die Miterben innerhalb eines Monats nach dem Erbfall bestellt werden, damit der Geschäftsbetrieb weiterlaufen kann.
4.3.2.3 Einziehungsklausel
Rz. 114
Gegenstand einer Einziehungsklausel ist eine Regelung, nach der beim Tod eines Gesellschafters die Kapitalgesellschaft die auf die Erben übergegangenen Anteile innerhalb einer bestimmten Zeit einziehen kann. Eine Einziehung von Geschäftsanteilen einer GmbH ist gem. § 34 Abs. 1 GmbHG nur zulässig, wenn die Einziehungsklausel und die jeweiligen Voraussetzungen, unter denen eine Einziehung erfolgen darf, bereits im Gesellschaftsvertrag geregelt sind (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Auch die Satzung einer AG kann die Zwangseinziehung von Aktien anordnen, wobei die einzelnen Einziehungsgründe gem. § 237 Abs. 1 AktG in der Satzung festzulegen sind. Wenn die Voraussetzungen der Einziehungsklausel erfüllt sind (z. B. weil Anteile erbfallbedingt auf nicht zur Nachfolge berechtigte Personen übergehen), können die Anteile grundsätzlich eingezogen werden und werden infolgedessen vernichtet.
Rz. 115
In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung für die Abfindung ist dem bzw. den Erben grundsätzlich eine Abfindung in Höhe des Verkehrswerts des einzuziehenden Anteils zu zahlen, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Abfindungsbeschränkung enthält. Die Abfindungszahlung ist von der Gesellschaft zu leisten.
Rz. 116
Erbschaftsteuerlich ist zu beachten, dass bei einer Einziehung von Anteilen eine Verschonung nach den §§ 13a, 13b, 13c und § 28a ErbStG nicht möglich ist. Dies wäre allerdings auch nur in solchen Fällen relevant, in denen die Abfindung für den eingezogenen Anteil unterhalb des Verkehrswerts läge, sodass die Differenz als Wertzuwachs bei den verbleibenden Gesellschaftern als Schenkung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 ErbStG zu versteuern wäre. Die Vorschrift gilt ausdrücklich nur für die GmbH und ist insbes. bei einer AG nicht anwendbar.
Rz. 117
Soweit für die Einziehung eine Abfindung bezahlt wird, liegt für die betroffenen Erben ein stpfl. Vorgang vor, der bei Anteilen im Betriebsvermögen nach den §§ 15, 16 EStG bzw. bei Anteilen im Privatvermögen bei einer Mindestbeteiligung von 1 % nach § 17 EStG bzw. darunter nach § 20 EStG zu besteuern ist.
4.3.2.4 Abtretungsklausel
Rz. 118
Die freie Vererblichkeit von GmbH-Anteilen kann (alternativ oder zusätzlich zur Einziehungsklausel) durch eine in der Satzung verankerte Abtretungsklausel beschränkt werden. Eine solche Abtretungsklausel sieht vor, dass die Erben im Rahmen einer Nebenleistungsverpflichtung gem. § 3 Abs. 2 GmbHG die aufgrund der Erbfolge erworbenen Geschäftsanteile mit allen Rechten und Pflichten an die Gesellschaft, an Mitgesellschafter (z. B. einen bestimmten Nachfolger) oder an Dritte gegen Zahlung einer Abfindung abtreten müssen, d. h. der Geschäftsanteil geht im Gegensatz zur Einziehung gerade nicht unter. Zu beachten ist, dass bei einer AG eine Abtretungsklausel nicht in Betracht kommt, da § 54 AktG die Begründung von Nebenpflichten generell verbietet.
Rz. 119
Auch im Fall der Zwangsabtretung infolge Abtretungsklausel ist dem oder den Erben eine angemessene Abfindung zu gewähren. Sieht der Gesellschaftsvertrag keine Abfindungsbeschränkungen vor, bemisst sich die zu zahlende Abfindung nach dem Verkehrswert des Anteils. Die Abfindungszahlung ist hierbei – im Gegensatz zur Einziehungsklause...