Dr. Felice-Alfredo Avella
5.13.2.1 Begriff
Rz. 228
Die Familienstiftung ist keine eigene Stiftungsart, sondern eine Sonderform der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts. Mit ihr lassen sich sowohl unternehmerische als auch familiäre Ziele erreichen. Eine Familienstiftung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge als Destinatäre zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind.
Rz. 229
Nach R 2 Abs. 2 ErbStR liegt bereits dann eine Familienstiftung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor, wenn die Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein "wesentliches Familieninteresse" belegen, etwa indem die Familie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat.
Rz. 230
Die Familienstiftung kann für den dauerhaften Erhalt des Familienvermögens, die Kontinuität der Führung durch den Vorstand, die Versorgung der Familie, die Förderung des Ansehens des Stifters oder die Selbstbestimmung der Mittelverwendung eingesetzt werden. In Zusammenhang mit der Gründung einer Stiftung ergeben sich folgende Möglichkeiten:
- lebenslange Geschäftsführung und Versorgung des Stifters;
- mittelbare Insolvenzsicherung durch Vereinbarung von Rückübertragungsansprüchen zu Lebzeiten des Stifters;
- Regelung von Pflichtteilsansprüchen;
- Ausbildungs- und Unterhaltssicherung für künftige Generationen;
- Begrenzung von Zugewinnausgleichsansprüchen, wenn die Vermögensminderung mindestens 10 Jahre vor Beendigung des Güterstands eingetreten ist; in diesem Fall wird der Betrag der Vermögensminderung nicht dem Endvermögen hinzugerechnet;
- Umgehung des latenten Erbrechts geschiedener Ehegatten, da bei einer Familienstiftung der Rückgriff geschiedener Ehegatten auf das Familienvermögen ausgeschlossen ist.
5.13.2.2 Besteuerung
5.13.2.2.1 Vorbemerkung
Rz. 231
Familienstiftungen erhalten im Gegensatz zu gemeinnützigen Stiftungen keine Steuervergünstigungen. Sie werden bei Errichtung, Verwaltung sowie Auflösung besteuert und unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zusätzlich alle 30 Jahre einer Ersatzerbschaftsteuer.
5.13.2.2.2 Errichtung und Auflösung
Rz. 232
Die Errichtung einer Familienstiftung durch Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten oder von Todes wegen ist schenkung- bzw. erbschaftsteuerpflichtig.
Rz. 233
Als Zuwendung an eine juristische Person wird die ErbSt oder SchenkSt – mangels Verwandtschaft zum Stifter – grundsätzlich nach der ungünstigsten Steuerklasse III berechnet, sofern das eingebrachte Vermögen nicht nach den §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt ist. Wird nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Vermögen eingebracht, kommt der Verschonungsabschlag zum Tragen, soweit das übertragene Betriebsvermögen nicht zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.
Rz. 234
Die Auflösung der Stiftung und Auskehrung des Vermögens an die Begünstigten unterliegen erneut der SchenkSt. Fällt das Stiftungsvermögen hierbei an begünstigte Destinatäre, gilt nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG der Stifter als Schenker, sodass bei einem Vermögensanfall an seine Abkömmlinge Steuerklasse I anzuwenden ist. Fällt das Vermögen dagegen an den Stifter selbst zurück, muss der Stifter dies mangels Verwandtschaft zur juristischen Person nach Steuerklasse III versteuern.
Rz. 235
Gefährlich kann die nachträgliche Änderung der Satzung oder Ausweitung des Kreises der Destinatäre im Vergleich zur bisherigen Satzung sein. Hier wird die alte Stiftung aufgelöst und gleichzeitig eine neue Stiftung begründet. Als Folge liegen zwei erbschaftsteuerpflichtige Vorgänge vor.
5.13.2.2.3 Laufende Besteuerung der Stiftung
Rz. 236
Die Familienstiftung unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG der KSt und nach § 2 Nr. 3 SolZG dem SolZ. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften kann sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb und anderen Einkunftsarten erzielen. GewSt-Pflicht entsteht, soweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden.
Rz. 237
Bei einer Familienstiftung, die an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, bleiben Dividendeneinkünfte nach § 8b Abs. 1 KStG i. V. m. § 8b Abs. 5 KStG zu 95 % steuerfrei. Zwar wird auf die Einkünfte der Familienstiftung aus der Tochterkapitalgesellschaft KapESt i. H. v. 25 % erhoben, jedoch kann auf der Ebene der Stiftung die Anrechnung auf die KSt bzw. eine Erstattung erfolgen.
Rz. 237a
Ist die Familienstiftung an einer Personengesellschaft beteiligt, unterliegen die daraus erzielten Einkünfte bei der Stiftung der KSt. Die Einkünftequalifikation richtet sich danach, welche Einkünfte die Beteiligungsgesellschaft erzielt. Ist die Familienstiftung z. B. an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, erzielt sie entweder Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtu...