5.7.1 Begriff
Rz. 152
Der Nießbrauch verkörpert das Recht des Nießbrauchers, sämtliche Nutzungen des belasteten Gegenstands zu ziehen. Bei der Nießbrauchsbestellung an einem Einzelunternehmen wird zwischen einem Ertragsnießbrauch und einem Vollrechtsnießbrauch (auch "echter Unternehmensnießbrauch" bezeichnet) unterschieden. Während der Ertragsnießbrauch ein Recht auf den Gewinn eines Unternehmens einräumt, vermittelt der Vollrechtsnießbrauch unmittelbare Rechte am Unternehmen (s. Rz. 45ff.). In der Praxis wird nach der wirtschaftlichen Zielsetzung unterschieden zwischen
- Zuwendungsnießbrauch,
- Vorbehaltsnießbrauch,
- entgeltlich eingeräumtem Nießbrauch,
- unentgeltlich eingeräumtem Nießbrauch,
- teilentgeltlich eingeräumtem Nießbrauch.
5.7.2 Zuwendungsnießbrauch
Rz. 153
Die Zuwendung eines "echten Unternehmensnießbrauchs" setzt die Übertragung der Unternehmerstellung auf den Nießbraucher voraus. Der Nießbraucher, der nach § 22 Abs. 2 HGB in das Handelsregister einzutragen ist, betreibt das Unternehmen für eigene Rechnung, muss dieses aber in seinem Bestand für den Besteller erhalten. Das Eigentum am Anlagevermögen verbleibt entsprechend beim Besteller des Nießbrauchs, während das Umlaufvermögen in das Eigentum des Nießbrauchers übergeht (§ 1067 BGB).
Rz. 154
Der Unternehmensnießbrauch ist eine verdinglichte Form der Unternehmenspacht und daher einkommensteuerlich im Grundsatz wie eine solche zu behandeln. Steuerrechtlich entstehen zwei Gewerbetriebe: Aktiver Betrieb des Nießbrauchers und ruhender Betrieb des Bestellers. Die laufenden Einkünfte werden dem Nießbraucher nach § 15 EStG zugerechnet.
Rz. 155 einstweilen frei
5.7.3 Vorbehaltsnießbrauch
Rz. 156
Beim Vorbehalt eines Unternehmensnießbrauchs wird der Betrieb zwar auf den Nachfolger übertragen, der Alteigentümer bleibt aber weiterhin unternehmerisch tätig. Steuerrechtlich entstehen – ebenso wie beim Zuwendungsnießbrauch – zwei Gewerbebetriebe: Aktiver Betrieb des Nießbrauchers und ruhender Betrieb des Erwerbers. Der Alteigentümer als Nießbraucher erzielt weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
Rz. 157
Der BFH hat entschieden, dass die Übergabe eines Betriebs zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG voraussetzt, dass der Übergeber seine bisherige Tätigkeit einstellt. Gemäß Schreiben der Finanzverwaltung werden die Grundsätze der Rspr. von der Finanzverwaltung für Einzelunternehmen uneingeschränkt angewendet. Als Folge ist die Übertragung eines Betriebs unter Vorbehalt eines Unternehmensnießbrauchs nicht mehr buchwertneutral möglich. Wird der Gewerbebetrieb dennoch unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen, kommt es ertragsteuerlich zu einer stpfl. Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG). Als alternative Gestaltung bietet sich in diesen Fällen ggf. eine Übergabe gegen Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1a Nr. 2b EStG) oder eine vorgeschaltete Einbringung des Betriebs in eine Personengesellschaft an.