7.1 Probleme bei Unternehmensübergaben
Rz. 302
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn steigt die Anzahl der Unternehmensübergaben, vornehmlich bedingt durch den demografischen Wandel, aktuell und auch in den kommenden Jahren immer weiter an. Von den etwa 3,3 Mio. als Familienunternehmen klassifizierten Unternehmen in Deutschland erwartet das Institut im Zeitraum 2022 bis 2026 ca. 190.000 Unternehmensübergaben. Das Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2023 von KfW Research zeigt, dass zahlreiche Hürden für Unternehmer bestehen, um einen passenden Nachfolger zu finden. Nicht nur, dass es zu wenige an einer Nachfolge Interessierte gibt, kommt erschwerend das Problem des Zusammenfindens hinzu. Schwierig ist allein schon der Erstkontakt zwischen Unternehmen und an einer Nachfolge Interessierten, denn es mangelt an Ansprechpartnern und überregionalen Netzwerken. Knapp jedes sechste Unternehmen sieht eine weitere wesentliche Hürde in der Sicherstellung der Finanzierung durch den Nachfolger.
Rz. 303
Bei Unternehmensnachfolgen stellt sich regelmäßig die Frage der Finanzierung. Einerseits soll der Unternehmer finanziell abgesichert und anderseits die Leistungsfähigkeit des Nachfolgers nicht überstrapaziert werden, um das Unternehmen zu erhalten.
Unternehmensnachfolge und Finanzierung
U betreibt ein mittelständisches Unternehmen. Er will sich zur Ruhe setzen und das Unternehmen an seinen Sohn S übergeben. Dafür verlangt er eine höhere Einmalzahlung sowie eine lebenslange monatliche Rente. S hat gerade seine Berufsausbildung abgeschlossen.
Während die laufende Rente von dem Unternehmen erwirtschaftet werden kann, dürfte S die Einmalzahlung kaum aufbringen können. Eine Entnahme der benötigten Mittel würde die Liquidität gefährden. Daher ist die externe Finanzierung der Unternehmensnachfolge zu prüfen. Für einen Bankkredit könnte das Unternehmen als Sicherheit dienen. Nachteil einer solchen Lösung ist vor allem die Belastung der Kreditlinie des Unternehmens.
Rz. 304
Möglich wäre auch eine Finanzierung des Nachfolgers selbst. Während eine solche Finanzierung über den freien Kapitalmarkt wegen der meist fehlenden Sicherheiten schwierig sein dürfte, könnte leichter auf öffentliche Förderinstrumente, z. B. Existenzgründerprogramme, zurückgegriffen werden.
Rz. 305
Über das Bundeswirtschaftsministerium ist ebenfalls eine Förderung der Unternehmensnachfolge möglich. Die Nachfolgebörse "nexxt-change" soll die Unternehmerschaft und an einer Nachfolge Interessierte zusammenbringen und damit ein günstiges Klima für den unternehmerischen Generationswechsel schaffen.
Insgesamt sollte der Finanzierungsbedarf des Nachfolgers bei der Planung der Unternehmensnachfolge stets im Blick behalten werden, um die gesetzten Ziele nicht zu gefährden. Selbst in Fällen der Drittunternehmensnachfolge, in denen zwischen Unternehmer und Nachfolger keine weitere Verbindung besteht, wirken sich ein hoher Finanzierungsbedarf oder Schwierigkeiten bei der Kreditbeschaffung nachteilig auf den erzielbaren Verkaufserlös aus.
Rz. 306
Noch schwieriger wird es, wenn der Unternehmer vor der Unternehmensnachfolge notwendige Investitionen unterlässt. Umso mehr wirken sich diese Schwierigkeiten aus, wenn der Nachfolger etwa aus der eigenen Familie kommt und der Unternehmer großen Wert auf die Beibehaltung der Unternehmenstradition legt.
7.2 Eigen- oder Fremdfinanzierung
7.2.1 Erbschaftsteuerliche Sicht
Rz. 307
Die Frage, welche Finanzierungsform sich bei der Unternehmensnachfolge erbschaftsteuerlich günstiger auswirken kann, muss differenziert nach Personengesellschaft (PersG) und Kapitalgesellschaft (KapG) beurteilt werden. Hierbei wird folgender Fall exemplarisch zugrunde gelegt: Der gemeine Wert des Unternehmens des V beträgt unabhängig von der Rechtsform 100 (Unternehmenswert). Das Unternehmen erzielt einen jährlichen konstanten Gewinn von 6,5 % seines Unternehmenswerts. Erbschaftsteuerliches Verwaltungsvermögen existiert im Unternehmen nicht. Die Unternehmensanteile von V gehen auf S über, der für den Erwerb die Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG (100 % Verschonungsabschlag) beantragt. Alternativ hat V vor mehr als 2 Jahren vor dem Übertragungsstichtag dem Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 15 gewährt (Zins: 6 % p. a. des Unternehmenswerts).
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Eigenfinanzierung |
Gesellschafter-Fremdfinanzierung |
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PersG oder KapG |
PersG |
KapG |
Gemeiner Wert des Unternehmens (vor Darlehen) |
100 |
100 |
100 |
– Darlehensverbindlichkeit |
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– 15 |
– 15 |
Gemeiner Wert des Unternehmens... |