Rz. 312
Aus ertragsteuerlicher Sicht wird die Entscheidung für eine bestimmte Finanzierungsform vor allem durch die unterschiedliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapitalvergütungen bestimmt, wobei Fremdkapital – im Gegensatz zum Eigenkapital – nicht nur durch den Gesellschafter (Gesellschafter-Fremdfinanzierung), sondern auch durch Dritte gewährt werden kann.
Rz. 313
Bei der klassischen Eigenkapitalfinanzierung werden Kapitalgesellschaften im Zuge der Gründung bzw. einer späteren Kapitalerhöhung mit Nennkapital (Stammkapital, Grundkapital) und Personengesellschaften mit entsprechendem Kapital (Kapitalkonten) ausgestattet. Die Gesellschafter können für die insoweit von ihnen erbrachte Einlage nur dann eine Gewinnausschüttung oder Gewinnentnahme erhalten, soweit ein entsprechender Jahresüberschuss erzielt worden ist (§ 29 Abs. 1 GmbHG, § 58 Abs. 4 AktG, §§ 120ff. HGB). Gewinnausschüttungen (Dividenden) einer Kapitalgesellschaft unterliegen stets dem KapESt-Abzug, der bei natürlichen Personen als Empfänger grundsätzlich abgeltende Wirkung hat (§ 43 Abs. 5 EStG). Gehören die Anteile dagegen zum Betriebsvermögen, ist das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, sodass die Dividende zu 40 % steuerfrei gestellt wird und im Übrigen (60 %) der persönliche Einkommensteuersatz greift. Dessen Anwendung kann in bestimmten Fällen auch alternativ zur Abgeltungsteuer beantragt werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Bei einer Personengesellschaft ist der Gewinnanteil unabhängig von einer Entnahme durch den Gesellschafter mit dem persönlichen ESt-Satz zu versteuern, wobei die GewSt auf Ebene der Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG) auf die ESt angerechnet werden kann (§ 35 EStG). Erzielt die Personengesellschaft selbst Dividenden kommt das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, sodass 60 % des Gewinnanteils insoweit gleichermaßen mit dem persönlichen ESt-Satz (unter Anrechnung der von der Personengesellschaft gezahlten GewSt) stpfl. ist.
Rz. 314
In Bezug auf Zinsaufwendungen von Unternehmen aus Darlehen gilt Folgendes: Kapitalgesellschaften können entsprechende Aufwendungen grundsätzlich als Betriebsausgaben geltend machen, jedenfalls in den Grenzen der Zinsschranke nach § 4h EStG (§ 8a KStG). Zu beachten ist außerdem § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG, wonach 25 % der zu zahlenden Zinsen der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden müssen. Dies gilt im Grundsatz auch bei einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft). Im Falle von Gesellschafterdarlehen besteht bei einer Mitunternehmerschaft aber die Besonderheit, dass sie als Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers den Gewinn bei der Mitunternehmerschaft wieder erhöhen. Damit wirkt sich der Zinsaufwand für die Personengesellschaft auch nicht gewerbesteuermindernd aus, sodass auch die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG keine Anwendung findet.
Rz. 315
Nach einer Untersuchung (Steuerbelastungsvergleich) von Corsten/Dreßler aus dem Jahre 2009 ergibt sich im Ergebnis für den in Rz. 307 dargestellten Sachverhalt folgende Konstellation:
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft (Anteile im Privatvermögen) |
Eigenkapital |
3,0875 |
Fremdkapital |
3,1063 |
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft (Anteile im Betriebsvermögen) |
Eigenkapital |
3,1785 |
Fremdkapital |
3,1088 |
Als günstigste ertragsteuerliche Konstellation bei der Kapitalgesellschaft ergibt sich der Fall der Eigenkapitalfinanzierung, wenn die Beteiligung im Privatvermögen ist und die Abgeltungsteuer greift.
Rz. 316
Im Fall der Personengesellschaft sind Besonderheiten hinsichtlich der ESt und GewSt bzw. der Anrechnung der GewSt auf die ESt zu beachten. Danach ergibt sich folgende Konstellation:
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Personengesellschaft |
Eigenkapital |
3,0355 |
Fremdkapital |
3,0610 |
Damit ist ebenso ertragsteuerlich die Eigenkapitalfinanzierung günstiger.