3.1.1 Bewertungsobjekt: Transferpaket
Rz. 33
Rechtsfolge Transferpaketbewertung
Gemäß § 1 Abs. 3b Satz 1 AStG ist der Einigungsbereich auf der Grundlage des „Transferpaketes“ zu bestimmen, wenn für die Verlagerung der Funktion als Ganzes (Transferpaket) keine Vergleichswerte festgestellt werden können. In diesem Fall ist für die Verrechnungspreisbestimmung ein hypothetischer Fremdvergleich nach § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG durchzuführen. Die Gesamtbewertung des übergehenden Transferpakets ist mithin als gesetzlicher Regelfall konzipiert.
Rz. 34
Bewertungsobjekt "Transferpaket"
Die Begriffsdefinition des Transferpakets ist in § 1 Abs. 3b Satz 1 AStG definiert. Hiernach ist das Transferpaket "eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenen oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile".
Die durch das AbzStEntModG eingeführte gesetzliche Definition unterscheidet sich insofern von derjenigen in § 1 Abs. 3 FVerlV a. F. darin, dass die im Zusammenhang mit der Funktionsverlagerung erbrachten Dienstleistungen nicht zum Transferpaket gehören.
Zutreffend wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass die Definition des Begriffs "Transferpaket" angesichts einer Vermengung mit den Tatbestandsvoraussetzungen der Funktionsverlagerung das Bewertungsobjekt nicht eindeutig abgrenzt. Bestandteile des Transferpakets sind Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile. Diese einzelnen Komponenten sind nicht zu isolieren, sondern in ihrer Gesamtheit, nämlich als Transferpaket, zu bewerten.
Rz. 35
Funktionsbezogener Geschäftswert/geschäftswertbildende Faktoren
Unklar ist hierbei, was unter dem Begriff "sonstige Vorteile" zu verstehen ist. Die Begründung zur FVerlV erwähnt im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 2 FVerlV a. F. als Vorteile exemplarisch "Patente" und "Know-how". Diese sind jedoch bereits als immaterielle Wirtschaftsgüter zu qualifizieren. Im Wirtschaftsgutbegriff gehen wirtschaftliche Vorteile, tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten auf, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt (Erwerb durch Aufwendungen), die selbstständig bewertungsfähig (als Einzelheit greifbar, gegenüber dem Geschäftswert abgrenzbar), einzeln oder zusammen mit dem Betrieb übertragbar ("Teilwertfähigkeit") sind und einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen.
Überdies definiert § 1 Abs. 3c Satz 2 AStG in Anlehnung an Tz. 6.6 OECD-Leitlinien immaterielle Werte als Vermögenswerte, die weder materielle Vermögenswerte oder Beteiligungen noch Finanzanlagen sind, die Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sein können, ohne einzeln übertragbar sein zu müssen, und die einer Person eine tatsächliche oder rechtliche Position über diesen Vermögenswert vermitteln können. Beispielhaft verweist die Gesetzesbegründung unter Bezugnahme auf die OECD-Leitlinien auf Patente, Know-how und Handelsgeheimnisse, Warenzeichen, Handelsnamen und Marken, vertragliche Rechte und staatlichen Lizenzen sowie Lizenzen und vergleichbare Rechte an immateriellen Werten. Demgegenüber sind Konzernsynergien sowie Marktbedingungen und sonstige Standortvorteile ausdrücklich keine immateriellen Werte.
Hiernach verbleiben als Vorteile, die keine Wirtschaftsgüter und keine immateriellen Werte i. S. v. § 1 Abs. 3c Satz 2 AStG sind, die Bestandteile des Geschäfts- und Firmenwerts (geschäftswertbildende Faktoren). Allerdings gehen geschäftswertbildende Faktoren, wie etwa eine eingespielte Betriebsorganisation, gute Verkehrsanbindungen, gute Beziehungen zu Genehmigungsbehörden, bestehende Konzessionen oder Zertifizierungen, im Rahmen einer Funktionsverlagerung nicht auf das übernehmende Unternehmen über, sofern sich die Funktionsverlagerung nicht auf die Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs erstreckt. Vielmehr verbleiben sie beim verlagernden Unternehmen oder gehen im Zuge der Funktionsverlagerung unter. Bezogen auf die übergehende Funktion müssen geschäftswertbildende Faktoren beim übernehmenden Unternehmen erst geschaffen werden. Allenfalls sog. singuläre oder unternehmerische Geschäftschancen, d. h. die Möglichkeit, aus einem Geschäft oder einer betrieblichen Funktion zukünftig einen weitgehend konkretisierten Gewinn zu erzielen, kämen als übergehende "sonstige Vorteile" in Betracht, sollten diese nicht bereits die Voraussetzungen eines immateriellen Wirtschaftsguts erfüllen. Die VWG-Funktionsverlagerung gehen demgegenüber von der Einbeziehung geschäftswertbildender Faktoren in das Transferpaket aus.