Rz. 52

Funktions- und risikoadäquate Kapitalisierungszinssätze

Für die Ermittlung des Ertragswerts ist es erforderlich, die für die einzelnen Jahre isolierten und prognostizierten Gewinne auf den Übertragungsstichtag zu diskontieren. Hierfür sind funktions- und risikoadäquate Kapitalisierungszinssätze anzuwenden. Die Ermittlung des Diskontierungsfaktors unterliegt nach § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG („ökonomisch anerkannte Bewertungsmethoden“) den Methoden, die von der Finanzwirtschaftslehre im Allgemeinen und der Unternehmensbewertungslehre im Besonderen abgeleitet wurden.[1] Hiernach bestimmt die günstigste alternative Kapitalanlage den Kapitalisierungszinssatz. Dieser repräsentiert folglich die Renditeerwartung einer zum Transferpaket adäquaten Alternativanlage.[2] Im Rahmen der indirekten Wertermittlung erfordert dies denklogisch die Ermittlung von 4 Kapitalisierungszinssätzen, nämlich für das abgebende wie für das aufnehmende Unternehmen jeweils vor und nach der Funktionsverlagerung. Im Rahmen der direkten Wertermittlung ist diese Bewertungsgrundlage demgegenüber lediglich zweimal zu ermitteln.

 

Rz. 53

Basiszinssatz

Die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes setzt zunächst an der Verzinsung einer risikolosen Investition am Kapitalmarkt (Basiszinssatz) an, deren Laufzeit der voraussichtlichen Ausübung der Funktion entspricht. Dieser Basiszinssatz ist gesondert für das abgebende und das aufnehmende Unternehmen für den jeweils relevanten Markt zu ermitteln.[3] Die aktuelle Fassung des Bewertungsstandards IDW S 1 sieht die Ableitung des Basiszinssatzes unter Verwendung fristadäquater Zerobondsätze vor.[4] Hierzu empfehlen sowohl das IDW als auch das Schrifttum,[5] bei Unternehmen mit Sitz in Deutschland auf die von der Deutschen Bundesbank geschätzte Zinsstrukturkurve zurückzugreifen, um so unterschiedliche Zinssätze während des Zeitraums der Funktionsausübung zu berücksichtigen. Daneben wird es für Funktionsverlagerungen innerhalb Europas als sachgerecht erachtet, die entsprechenden Daten der Europäischen Zentralbank zu verwenden, die die Daten nach derselben Methode bereitstellt.[6] Ferner ist – vergleichbar mit dem Konzept der funktionalen Währungsumrechnung nach IAS 21.8[7] – der Rückgriff auf die Zinsstrukturkurve eines anderen Staates als des Sitzstaates des Unternehmens gerechtfertigt, wenn sich dort sein primäres wirtschaftliches Umfeld befindet.[8] Ungeachtet des relevanten Marktes konzediert die Finanzverwaltung schließlich die Verwendung des risikolosen Zinssatzes für die Bundesrepublik Deutschland, wenn sich die länderspezifischen Risiken im Risikozuschlag angemessen niederschlagen.[9]

 

Rz. 54

Funktions- und risikoadäquate Zuschläge

Der nach diesen Grundsätzen als Ausgangsgröße für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ermittelte Basiszinssatz ist um funktions- und risikoadäquate Zuschläge zu erhöhen. Der funktions- und risikoadäquate Zuschlag ist gem. § 4 Satz 1 FVerlV vom Kapitalmarkt abzuleiten. Er ist ferner gem. § 4 Satz 3 FVerlV so zu bemessen, „dass er sowohl für das übernehmende als auch für das verlagernde Unternehmen die in vergleichbaren Fällen zwischen fremden Dritten jeweils zur Risikobeurteilung relevanten Umstände berücksichtigt“. Nach der vorhergehenden Fassung des § 5 Satz 3 FVerlV a. F. war sowohl für das übernehmende als auch für das verlagernde Unternehmen „die in vergleichbaren Fällen jeweils unternehmensübliche Risikobeurteilung“ zu berücksichtigen. Die jeweils „unternehmensübliche Risikobeurteilung“ wurde mithin durch die „zwischen fremden Dritten jeweils zur Risikobeurteilung relevanten Umstände“ ersetzt. Die Verordnungsbegründung verweist in diesem Zusammengang darauf, dass der Risikozuschlag „einen Transaktionsbezug aufweisen muss, den auch fremde Dritte in ihre Überlegungen einbeziehen würden, sodass der Risikozuschlag „marktüblich“ ist“.[10] Bereits zu der vorhergehenden Fassung forderte die Verordnungsbegründung allerdings, dass

Risikozuschläge aus "marktüblichen Renditen" abgeleitet werden sollen, "die für die Ausübung vergleichbarer Funktionen erzielt werden, wenn ausreichend vergleichbare Renditeerwartungen ermittelt werden können".[11] Mithin sollen mittels eines tatsächlichen Fremdvergleichs Vergleichsrenditen ermittelt werden. Berücksichtigt man jedoch, dass für die begrifflich als Funktionsverlagerung qualifizierende Verlagerung von Routinefunktionen (Rz. 20 ff.), regelmäßig keine Gesamt-, sondern eine Einzelbewertung zum Tragen kommt (§ 1 Abs. 3b Satz 2 AStG i. V. m. § 1 Abs. 3b Satz 3 AStG), verengt sich die Vergleichsanalyse auf hybride Funktionen und Entrepreneurfunktionen, für die die Vergleichbarkeit der Verhältnisse regelmäßig fraglich sein sollte. Unabhängig davon, lassen sich für Funktionen keine marktüblichen Renditen ermitteln.[12] Marktorientiert lassen sich nur Renditen und damit Risikozuschläge für börsennotierte Unternehmen berechnen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollten bisher in Fällen, in denen keine ausreichend vergleichbaren Renditeerwar...

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