Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 3.10 Abs. 6 und Abschn. 4.8.12 Abs. 4 UStAE.
Die Finanzverwaltung hat sich wiederholt mit der Frage beschäftigen müssen, wie die Garantiezusage eines Kfz-Händlers umsatzsteuerrechtlich und auch versicherungsteuerrechtlich zu behandeln ist. Unter Bezugnahme auf die jüngste Rechtsprechung des BFH stellt die Finanzverwaltung die verschiedenen gängigen Angebote dar und gibt dazu die notwendigen steuerrechtlichen Hinweise.
Der BFH hatte in einer Entscheidung bekräftigt, dass die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung darstellt. Diese Leistung kann dann unter den weiteren Bedingungen als Versicherungsleistung nach § 4 Nr. 10 UStG steuerfrei sein.
Die Leistung unterliegt i. d. R. den Vorschriften des VerStG, wenn es zu einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 UStG kommt. Der Unternehmer ist dann regelmäßig der Steuerentrichtungsschuldner.
Die Finanzverwaltung stellt in einem ersten Abschnitt des BMF-Schreibens die versicherungsteuerrechtlichen Konsequenzen zu den gängigen Möglichkeiten dar; dies sind:
- Anspruch des Käufers auf Reparatur und Reparaturkostenersatz gegen den Verkäufer/Garantiegeber;
- Absicherung des Verkäufers/Garantiegebers bei einem anderen Versicherer;
- Wahlrecht des Käufers/Garantienehmers zwischen Reparaturanspruch gegen den Verkäufer/Garantiegeber und Reparaturkostenersatzanspruch gegen einen anderen Versicherer;
- Versicherungsschutz des Käufers/Garantienehmers durch eine vom Verkäufer abgeschlossene Versicherung für fremde Rechnung.
Die umsatzsteuerrechtlichen Folgerungen werden von der Finanzverwaltung wie folgt dargestellt:
Anspruch des Käufers/Garantienehmers auf Reparatur oder Reparaturkostenersatz gegen den Verkäufer/Garantiegeber: Diese Leistung aus der entgeltlichen Garantiezusage des Verkäufers ist – soweit Steuerbarkeit vorliegt – ein steuerfreier Umsatz nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG. Dies umfasst sowohl die Gewährung des Versicherungsschutzes als auch die Leistung des Verkäufers (Versicherers) im Schadensfall (sowohl für eine Geldleistung als auch für eine Sachleistung).
Dies gilt allerdings nicht, wenn die Garantiezusage nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Vollwartungsvertrags für den Kaufgegenstand abgegeben wird. Hier liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Versicherungsleistung vor, sondern eine Leistung eigener Art, die nicht umsatzsteuerfrei ist.
Wahlrecht des Käufers/Garantienehmers zwischen Reparaturanspruch gegen den Verkäufer/Garantiegeber und Reparaturkostenersatzanspruch gegen einen anderen Versicherer: Steht dem Käufer aufgrund der entgeltlichen Garantiezusage eines Verkäufers im Garantiefall ein Wahlrecht zwischen Reparatur durch den Verkäufer oder aufgrund eines Versicherungsvertrags ein Reparaturkostenersatz durch einen anderen Versicherer zu, bestehen versicherungsteuerrechtlich 2 Versicherungsverhältnisse. Die Leistungen aus Garantiezusagen des Verkäufers sind in diesem Fall nach § 4 Nr. 10 Buchst. a bzw. Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Damit ist die Rechtsprechung des BFH aus 2010 nach der solche Wahlrechte als eigenständiges Leistungsbündel anzusehen sind und keiner Befreiung unterliegen, überholt. Das BMF hebt deshalb das dazu ergangene BMF-Schreiben auf.
Führt der Unternehmer (Kfz-Händler) solche steuerfreien Ausgangsleistungen aus, ist er für damit zusammenhängende Eingangsleistungen (z. B. Kosten für den Abschluss der Garantie; im Schadensfall für den Einkauf von Material für die Reparatur) nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit nicht die Rückausnahme nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG vorliegt.
Konsequenzen für die Praxis
Die steuerrechtliche Behandlung von Garantiezusagen unterlag mehrfach Änderungen in der Rechtsprechung. Die Finanzverwaltung nimmt jetzt zu der Rechtsprechung des BFH aus 2018 Stellung und ändert folgerichtig den UStAE. Gefestigt scheint nun die Rechtsauffassung zu sein, dass es sich bei solchen Garantiezusagen um eine eigenständige Leistung handelt. Soweit es sich nicht um eine Garantiezusage i. Z. m. Vollwartungsverträgen handelt, werden steuerbare, aber steuerfreie Leistungen vorliegen. Dies bezieht sich aber nur auf die Umsatzsteuer, die Verkäufer müssen sich in jedem Fall auch mit den versicherungsteuerrechtlichen Folgen auseinander setzen.
Die Regelungen gelten für Garantiezusagen, die nach dem 31.12.2022 abgegeben werden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber für vor dem 1.1.2023 abgegebene Garantiezusagen nicht, wenn diese neuen Regelungen auch schon angewendet werden (Nichtbeanstandungsregelung).
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 11.5.2021, III C 3 – S 7163/19/10001 :001, BStBl 2021 I S. 781.