Leitsatz
1. Die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG ist betriebsbezogen auszulegen.
2. Jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen stellt grundsätzlich eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG dar.
3. Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts während des Bestehens einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung stellt weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG dar, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat.
Normenkette
§ 4 Abs. 4a, § 6 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Alleingesellschafter einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG übertrug im Juli 2000 jedem seiner beiden Kinder je 1/5 des GmbH-Anteils und der Kommanditbeteiligung. Ebenfalls übertrug er je 1/5 der Miteigentumsanteile an ihm gehörenden und von der KG genutzten Grundstücken. Die Grundstücke wurden anschließend von einer aus dem Vater und seinen beiden Kindern bestehenden GbR an die KG vermietet.
Das FA ermittelte die Bemessungsgrundlage für die Gewinnhinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG bei der KG unter Berücksichtigung der Übertragung des Sonderbetriebsvermögens auf die GbR. Eine solche Übertragung sei als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG anzusehen. Die sich daraus ergebende außerbilanzielle Hinzurechnung von Schuldzinsen wurde vom FG für zutreffend gehalten (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.5.2008, 12 K 85/07, Haufe-Index 2014862, EFG 2009, 233).
Entscheidung
Der BFH war anderer Ansicht und gab der Klage statt. Die Ermittlung von Überentnahmen erfolge zwar betriebsbezogen. Werde ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens aber im Zusammenhang mit dem Entstehen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung Betriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft, sei der Vorgang nicht als Entnahme zu würdigen, weil das Wirtschaftsgut das bisherige Sonderbetriebsvermögen nicht verlasse, sondern latent weiter Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebsgesellschaft bleibe.
Hinweis
1. Mit der Abgrenzung zwischen personen- und betriebsbezogener Auslegung des § 4 Abs. 4a EStG hatte der BFH schon bei Beantwortung der Frage zu tun, ob die Gewinnhinzurechnung mitunternehmerbezogen oder bezogen auf die Mitunternehmerschaft zu gewähren ist. Er hatte sich für die mitunternehmerbezogene Auslegung entschieden, allerdings den Sockelbetrag von 2.050 EUR nur einmal für die Mitunternehmerschaft gewährt (BFH, Urteil vom 29.3.2007, IV R 72/02, BFH/NV 2007, 1960, BFH/PR 2007, 405). In jener Entscheidung zeichnete sich schon ab, dass auch für die Auslegung des Entnahmebegriffs eine betriebsbezogene Auslegung in Betracht kommt.
2. Mit dem Besprechungsurteil folgt der BFH der damaligen Ankündigung und stellt klar, dass der Begriff des Betriebs im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStGeng zu fassen ist. Auch Überführungen zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen nach § 6 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG und Buchwertübertragungen bei Mitunternehmerschaften nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führen danach zu einer Entnahme und anschließender Einlage i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG.
3. Von dieser Gesetzesauslegung war das FA im hiesigen Fall ausgegangen, der nach seinem äußerlichen Bild unter § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zu fallen scheint. Die Miteigentumsanteile an den Betriebsgrundstücken waren nach der Schenkung durch den Vater zunächst Sonderbetriebsvermögen von Vater und Kindern bei der KG. Die Überlassung des Grundstücks an die neu gegründete Besitz-GbR zur Weitervermietung an die KG hatte zur Folge, dass die Miteigentumsanteile auch die Eigenschaft von Sonderbetriebsvermögen I bei der GbR erhielten. Wegen der Auflösung der darin liegenden Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitz-GbR werden die Miteigentumsanteile nun im Sonderbetriebsvermögen der GbR erfasst und bilanziert.
Trotzdem sieht der BFH in diesem Vorgang aber keine Entnahme, denn an der Sonderbetriebsvermögenseigenschaft bei der KG ändert sich nichts; sie kommt während der Existenz der Besitz-GbR nur nicht mehr zum Tragen. Deshalb liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG auch nicht vor.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.9.2011 – IV R 33/08