Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
1.2.1 Grundstückseigentümer als wirtschaftlicher Eigentümer
Errichtet der Steuerpflichtige auf eigene Rechnung und im eigenen Namen auf einem fremden Grundstück ein Gebäude, wird er i. d. R. nicht allein dadurch wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes. Zivilrechtliches und zugleich wirtschaftliches Eigentum des Grundstückseigentümers an dem Gebäude ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich anzunehmen, wenn dessen Errichtung dem Interesse sowohl des Bauenden wie auch dem Interesse des Grundstückseigentümers dient, der Wert des Gebäudes sich nicht innerhalb der vereinbarten Nutzungszeit verzehrt und nach Ablauf der Nutzungszeit eine neue Gestaltung der Verhältnisse möglich ist. Aus dem bloßen Einverständnis des zivilrechtlichen Eigentümers mit dem Bauvorhaben lässt sich nicht ableiten, dass der Besitzer den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen kann. Das Einverständnis des Grundstückseigentümers mit den Baumaßnahmen begründet deshalb i. d. R. lediglich ein stillschweigendes oder ausdrücklich vereinbartes obligatorisches Nutzungsrecht.
Eine Abspaltung des wirtschaftlichen Eigentums vom zivilrechtlichen setzt voraus, dass derjenige, der für sich das wirtschaftliche Eigentum in Anspruch nimmt, nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.
1.2.2 Bauender als wirtschaftlicher Eigentümer
Dagegen ist der Bauende als wirtschaftlicher Eigentümer zu beurteilen, wenn er aufgrund eindeutiger im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft – unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers – innehat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen. Dies ist der Fall, wenn er aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrags das Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann und der Eigentümer auf eine nur formale Eigentümerstellung beschränkt ist.
Substanz und Ertrag des Gebäudes sind dem Nutzungsberechtigten aber nicht nur in den Fällen zuzurechnen, in denen das Gebäude nach Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht ist, sondern auch, wenn zwar die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes die Dauer der Nutzungsbefugnis überschreitet, der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, aber für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts des Gebäudes gegen den Grundstückseigentümer hat. Ein solcher Anspruch kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung oder aus dem Gesetz, insbesondere aus Bereicherungsrecht, ergeben. Wer auf einem fremden Grundstück in der Erwartung, er werde später Eigentümer des Grundstücks werden, ein Gebäude errichtet, hat einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB, wenn die Erwartung später enttäuscht wird. Der Anspruch auf Wertersatz richtet sich nicht auf Ersatz der einzelnen wirtschaftlichen Leistungen, sondern auf den Ersatz des Wertes, den das Gebäude als wirtschaftliche Einheit für den Bereicherten zu dem Zeitpunkt hat, in dem die Nutzung durch den Hersteller endet. Dieser gesetzliche Anspruch auf Wertersatz führt dazu, dass der zivilrechtliche Eigentümer insoweit über sein Eigentum wirtschaftlich nicht verfügen kann, weil er im Falle einer rechtlichen Verfügung dem Nutzungsberechtigten oder dessen Rechtsnachfolger Wertersatz zu leisten hätte. Substanz und Ertrag des Gebäudes stehen daher wirtschaftlich nicht dem zivilrechtlichen Eigentümer, sondern dem in Eigentumserwartung Bauenden zu. Einen gesetzlichen Anspruch auf vollen Wertersatz hat z. B. der Bauende, der in begründeter Erwartung künftigen Eigentumserwerbs eine Wohnung errichtet. Ein vertraglicher Anspruch auf Entschädigung nur i. H. d. "Verkehrswerts des Dauernutzungsrechts", nicht aber i. H. d. vollen Verkehrswerts, ist nicht ausreichend.
Derjenige, der im Einverständnis mit dem zivilrechtlichen Eigentümer auf eigene Rechnung und Gefahr auf einem fremden Grundstück ein Gebäude errichtet hat und der gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer einen Entschädigungsanspruch hat, kann zu jedem Zeitpunkt über den Wert des Gebäudes verfügen. Der Hersteller und nicht der zivilrechtliche Eigentümer trägt in diesem Fall das Risiko des Verlusts und der Wertminderung des Gebäudes und ihm allein k...