Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
1.3.1 Grundsätzliches
Rz. 7
Gemäß R 7.1 Abs. 5 Satz 1 EStR sind für den Begriff des Gebäudes die Abgrenzungsmerkmale des Bewertungsrechts maßgebend. Nach den für das Bewertungsrecht ergangenen gleich lautenden Ländererlassen zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen und nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen ist ein Bauwerk als Gebäude anzusehen, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist. Das Gebäude ist somit allein mit Hilfe des Gebäudebegriffs von den Betriebsvorrichtungen abzugrenzen. Für die Frage, ob ein Bauwerk bewertungsrechtlich ein Gebäude oder eine Betriebsvorrichtung ist, ist also entscheidend, ob das Bauwerk die Merkmale eines Gebäudes aufweist. Liegen alle Merkmale des Gebäudebegriffs vor, kann das Bauwerk keine Betriebsvorrichtung sein. Ist das Bauwerk kein Gebäude, liegt nicht zwingend eine Betriebsvorrichtung vor. Vielmehr muss geprüft werden, ob es sich um ein Gebäudebestandteil bzw. eine Außenanlage oder um eine Betriebsvorrichtung handelt. Wird ein Gewerbe mit dem Bauwerk unmittelbar betrieben, liegt eine Betriebsvorrichtung vor.
Dieser Gebäudebegriff ist für die Bereiche des Betriebsvermögens und des Privatvermögens gleich und ist auch einkommensteuerrechtlich sowie umsatzsteuer- und grunderwerbsteuerrechtlich maßgebend.
1.3.2 Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen des Gebäudes
Rz. 8
Schutz gegen Witterungseinflüsse durch räumliche Umschließung
Der Begriff der räumlichen Umschließung, die Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren soll, setzt nicht voraus, dass das Bauwerk an allen Seiten Außenwände hat. Selbst wenn Außenwände an allen Seiten fehlen, kann ein Gebäude vorliegen, wenn das Bauwerk nach der Verkehrsauffassung einen Raum umschließt und dadurch gegen Witterungseinflüsse schützt.
Rz. 9
Aufenthalt von Menschen
Das Bauwerk muss durch normale Eingänge, z. B. Türen, betreten werden können. Behelfsmäßige Eintrittsmöglichkeiten wie Luken, Leitern und schmale Stege genügen nicht. Darüber hinaus muss das Bauwerk so beschaffen sein, dass man sich in ihm nicht nur vorübergehend aufhalten kann. Es ist nicht erforderlich, dass das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. Das Bauwerk muss jedoch so beschaffen sein, dass sich Menschen in ihm aufhalten können. Ein Bauwerk verliert seine Gebäudeeigenschaft nicht auch schon dadurch, dass bauliche Unzulänglichkeiten, z. B. schlechte Entlüftung oder schlechte Lichtverhältnisse, den Aufenthalt von Menschen erschweren.
Die Gebäudeeigenschaft geht ferner nicht verloren, wenn der Aufenthalt der Menschen während eines Betriebsvorgangs vorübergehend nicht möglich ist, z. B. bei Versuchen oder gewissen Arbeitsvorgängen in Laboratorien.
Bauwerke, in denen eine besonders hohe oder niedrige Temperatur herrscht und die deshalb während des laufenden Betriebsvorgangs einen Aufenthalt von Menschen nicht oder nur kurzfristig mit Schutzkleidung, z. B. für Inspektionsgänge, zulassen, sind keine Gebäude.
Unter einem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen ist kein Aufenthalt über einen ganzen Arbeitstag hin zu verstehen.
Rz. 10
Feste Verbindung mit dem Grund und Boden
Diese feste Verbindung ist gegeben, wenn das Bauwerk auf einzelne oder durchgehende Fundamente gegründet ist. Es kommt weder auf die Tiefe der Fundamente an, noch ist es entscheidend, ob das Fundament aus Stein, Beton oder aus anderen Werkstoffen besteht. Für die feste Verbindung mit dem Grund und Boden genügt, dass das Bauwerk infolge seiner eigenen Schwere auf dem Fundament ruht. Ein Fundament setzt eine feste Verankerung durch eine gewisse Verbindung mit dem Grund und Boden voraus, die nicht durch bloßen Abtransport beseitigt werden kann. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden ist auch dann anzunehmen, wenn bei Bauwerken im Feststellungszeitpunkt entweder eine auf Dauer angelegte Nutzung (mindestens 6 Jahre) gegeben ist oder aufgrund der Zweckbestimmung eine dauernde Nutzung zu erwarten ist. Diese Grundsätze sind auch bei Mobilheimen zu beachten. Bei Fertiggaragen aus Beton und vergleichbaren Bauwerken liegt auch dann eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden vor, wenn sie durch das Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten werden und dadurch auch ohne Verankerung im Boden eine ihrem...