Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
8.1 Folgebewertung bei Gebäuden und Gebäudeteilen nach HGB und EStG
8.1.1 Allgemeines
Rz. 377
Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB sind Vermögensgegenstände des Anlagevermögens planmäßig abzuschreiben, sofern ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist. Gebäude unterliegen demnach einer planmäßigen Abschreibung, wenn sie als Vermögensgegenstand dem Anlagevermögen zugeordnet werden. Es gelten die allgemeinen Regelungen des § 253 Abs. 3 HGB.
Im Gegensatz zum HGB enthält das EStG für die Abschreibung von Gebäuden spezielle Regelungen. Neben der linearen Gebäude-AfA in § 7 Abs. 4 EStG besteht unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit zur degressiven Abschreibung nach § 7 Abs. 5a EStG. Die Regelungen für die Gebäude-AfA sind nach § 7 Abs. 5b EStG entsprechend auf Gebäudeteile, selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter, Eigentumswohnungen und auf im Teileigentum stehende Räume anzuwenden.
8.1.2 Lineare Gebäude-AfA
Rz. 378
Das EStG gibt in § 7 Abs. 4 EStG typisierte Abschreibungssätze in Höhe von 3 % bzw. 2 % und 2,5 % vor. Entsprechend wird bei der linearen Abschreibung eine Nutzungsdauer von 33 1/3, 40 und 50 Jahren festgelegt. Für Wirtschaftsgebäude gilt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG der erhöhte Abschreibungssatz in Höhe von 3 %. Unterschreitet die tatsächliche (Rest-)Nutzungsdauer des Gebäudes die typisierte Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG gewährt § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ein explizites Wahlrecht, die Abschreibung über die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes vorzunehmen. Die Feststellungslast für die kürzere, tatsächliche Nutzungsdauer obliegt dabei dem Steuerpflichtigen. Während das BMF ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten oder zertifizierten Sachverständigen für den Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer vorsah, urteilte der BFH, entgegen des BMF-Schreibens, dass sich der Steuerpflichtige jeder sachverständigen Methode bedienen kann, welche im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetzes redaktionell an die, im Rahmen des JStG 2022 v. 16.12.2022 geänderten Absetzungssätze, angepasst.
8.1.3 Befristete Neueinführung der degressiven Gebäude-AfA
Rz. 379
Die degressive Abschreibung für Gebäude nach § 7 Abs. 5 EStG wurde ursprünglich zum 1.1.2006 abgeschafft. Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde die degressive Gebäudeabschreibung nun befristet neu eingeführt. Der Gesetzgeber begründet die erneute Einführung des Wahlrechtes mit der Förderung des Wohnungsbaus und der Unterstützung der Bauwirtschaft. Der neu gefasste § 7 Abs. 5a EStG ermöglicht anstelle der linearen Abschreibung des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG fortan die degressive Abschreibung mit einem festgelegten Abschreibungssatz in Höhe von 5% vom jeweiligen (Rest-)Buchwert. Die Inanspruchnahme des Wahlrechtes ist dabei nur für Wohngebäude zulässig, die selbst durch den Steuerpflichtigen hergestellt wurden, und deren (angezeigter) Baubeginn nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 liegt. Wurde das Wohngebäude nicht durch den Steuerpflichten hergestellt, ist die Anwendung des Wahlrechts dennoch möglich, sofern das Wohngebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wurde und der obligatorische Vertrag über die Anschaffung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wurde. Weiterhin müssen die Gebäude in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Staat belegen sein, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum angewendet wird. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wohngebäudes ist die Abschreibung nach § 7 Abs. 5a Satz 5 EStG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG zeitanteilig zu ermitteln. Wird das Wahlrecht der degressiven Abschreibung ausgeübt, ist die Vornahme von Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht zulässig (§ 7 Abs. 5a Satz 6 EStG). Ein Übergang zur linearen Gebäude-AfA ist hingegen grundsätzlich möglich. Die entsprechenden Abschreibungssätze ergeben sich dabei aus dem Restbuchwert des Gebäudes und dem, unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer, maßgebenden Prozentsatz des § 7 Abs. 4 EStG.
8.1.4 Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau
Rz. 380
Neben der Wiedereinführung der degressiven Gebäude-AfA erweiterte der Gesetzgeber im Rahmen des Wachstumschancengesetzes auch die steuerlichen Anreize für den Bau neuer Mietwohnungen in Form der Sonderabschreibung nach § 7b EStG. Das Wahlrecht des § 7b EStG ermöglicht, neben der regulären lin...