Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Der Restwert eines in Abbruchabsicht erworbenen Gebäudes und die Abbruchkosten sind den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen, wenn das alte Gebäude zwar abgerissen wurde, um einen Neubau zu errichten, dessen Errichtung aber letztlich unterbleibt.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1992 ein bis Februar 1993 vermietetes Grundstück mit aufstehendem Gaststättengebäude. Anfang 1994 stellte er einen Bauantrag für die Errichtung eines Hotels. Zuvor hatte er mit D bereits einen unter dem Vorbehalt der Erteilung einer Baugenehmigung stehenden Mietvertrag über das zu errichtende Hotel geschlossen. Da diese erst Ende Oktober 1998 erteilt wurde, kündigte D bereits im Mai 1994 den Mietvertrag.
In der Folge kam es wegen veränderter Konzeptionen des Bauvorhabens und der angestrengten Änderung des Bebauungsplans mehrfach zu Verzögerungen. Deshalb beschloss der Kläger im Jahr 2005, das Hotelprojekt nicht in eigener Verantwortung durchzuführen und das Grundstück zu verkaufen. Seine Vermietungsabsicht gab er Ende 2005 endgültig auf.
Der Kläger machte u. a. den Gebäudeabrisswert als (vergebliche) Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ den Werbungskostenabzug nicht zu. Mangels Errichtung eines neuen Gebäudes lägen vielmehr Anschaffungskosten für den Grund und Boden vor.
Entscheidung
Das FG entscheidet, dass der Gebäuderestwert nicht abzugsfähige (nachträgliche) Anschaffungskosten für den Grund und Boden darstellt.
Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH (vgl. BFH, Beschluss v. 12.6.1978, GrS 1/77, BStBl 1978 II S. 620) sind beim Abbruch eines im Zeitpunkt des Erwerbs technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes dessen Restwert und die Abbruchkosten zwar grundsätzlich den Herstellungskosten des neuen Gebäudes zuzurechnen, wenn das Gebäude bereits mit Abbruchabsicht erworben wurde und an der Stelle des abgerissenen Gebäudes ein neues Gebäude errichtet wird. Wird dagegen das in Abbruchabsicht erworbene Gebäude beseitigt, ohne dass an seiner Stelle ein neues Gebäude errichtet wird, sind die Abbruchaufwendungen allein den Anschaffungskosten für den Grund und Boden zuzurechnen.
Zwar macht der Große Senat keine unmittelbaren Ausführungen dazu, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn ein geplanter Neubau später aufgegeben wird. Das FG ist jedoch der Auffassung, dass die Beurteilung, ob die Abbruchkosten und der Gebäuderestwert Herstellungskosten oder (nachträgliche) Anschaffungskosten auf den Grund und Boden darstellen, letztlich entscheidend von der Art der späteren Grundstücksnutzung durch den Erwerber abhängt. Dies bedeutet vorliegend, dass auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten beim Grund und Boden als nachträgliche Anschaffungskosten zu erfassen sind, falls der Steuerpflichtige sich nach dem Abbruch entschließt, doch kein neues Gebäude herzustellen.
Hinweis
In der Steuerrechtsliteratur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass ein Steuerpflichtiger dann ausnahmsweise den Gebäuderestwert und die Abbruchkosten einkünftemindernd berücksichtigen kann, wenn die ursprüngliche Absicht, ein Gebäude zu errichten, an Gründen scheitert, die er nicht zu vertreten hat. Dies soll insbesondere bei einem zwischenzeitlich erlassenen Bauverbot gelten.
Das FG hat offen gelassen, ob es dieser Auffassung grundsätzlich folgen könnte, denn der Kläger hat vorliegend nicht aufgrund behördlicher Anordnung oder anderer unvertretbarer Gründe von der Bebauung abgesehen, sondern weil er das geplante Projekt zuletzt für wirtschaftlich zu riskant hielt. Ungeachtet dessen hat das FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Es muss nunmehr abgewartet werden, ob der Kläger eine höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage anstrebt.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 27.11.2013, 7 K 2413/11