Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Haben mehrere an einer Holdinggesellschaft beteiligte Unternehmen eine verbindliche Auskunft in Bezug auf ein mehrstufiges Umwandlungsvorhaben beantragt und hat das Finanzamt mehrere, aber wort- und inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte erteilt, darf es nur eine Auskunftsgebühr festsetzen.
Sachverhalt
Die an einer Holdinggesellschaft beteiligten Kläger beantragten gemeinsam die Erteilung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt. Der Antrag enthielt die Angabe, dass der Sachverhalt von mehreren Personen gleichermaßen verwirklicht werde. Gegenstand des Antrags war eine geplante mehrstufige Umstrukturierungsmaßnahme.
Das Finanzamt erteilte 8 inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte gegenüber den Klägern und setzte jeweils Gebühren gegen sie fest. Im Einspruchsverfahren begehrten die Kläger erfolglos den Erlass eines gemeinsamen Gebührenbescheids nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO.
Entscheidung
Das FG hat den Klägern Recht gegeben und entschieden, dass nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Auskunftsgebühr gegenüber allen Antragstellern als Gesamtschuldner anzusetzen sei.
Für die Frage, wie viele einzelne Gebühren im Rahmen eines Auskunftsverfahrens ausgelöst würden, komme es grundlegend auf die Zahl der gestellten Anträge an. Die Zahl der Anträge hänge dabei zum einen von der Zahl der zum Gegenstand der Auskunft gemachten "Sachverhalte" ab. Zum anderen hänge die Zahl der Anträge auch von der Zahl der antragstellenden Steuerpflichtigen ab. Hier sei allerdings zu berücksichtigen, dass nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Gebühr zu erheben sei, wenn eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt werde.
Vorliegend habe das Finanzamt die verbindliche Auskunft gegenüber allen Klägern einheitlich erteilt. Die Abgabenordnung enthalte zwar keine Definition, wann eine einheitliche Erteilung einer verbindlichen Auskunft vorliege. Der Gesetzgeber habe jedoch im Gesetzgebungsverfahren ausgeführt, dass Einheitlichkeit bedeute, dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen bestehe oder gleichermaßen nicht bestehe.
Für die Anwendung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO sei allein entscheidend, ob das Finanzamt über einen Auskunftsantrag tatsächlich einheitlich entschieden habe, nicht jedoch, ob es zu einer solchen einheitlichen Entscheidung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskV rechtlich verpflichtet gewesen sei.
Hinweis
Das Finanzamt hat gegen das Urteil des FG Revision eingelegt, Az beim BFH IV R 6/23. Zudem ist ein weiteres Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, wie die Gebühr für eine verbindliche Auskunft in Umwandlungsfällen zu berechnen ist, Az beim BFH I R 30/22. Steuerpflichtige sollten daher in vergleichbaren Fällen die Gebührenfestsetzungen des Finanzamts durch Einspruchseinlegung offenhalten und auf die vorliegenden Revisionsverfahren verweisen. Die Einspruchsverfahren ruhen dann kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil v. 08.02.2023, 6 K 1330/20 AO