Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Beiträge für eine Risikolebensversicherung sind nicht betrieblich veranlasst, wenn sich die Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät im Gesellschaftsvertrag gegenseitig zum Abschluss einer Versicherung auf den Todesfall verpflichten, um sich gegen die wirtschaftlichen Folgen des Ausfalls eines Gesellschafters abzusichern.
2. Ein Urteil ist ausreichend begründet und ein Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 6 FGO nicht gegeben, wenn zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren.
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG, § 119 Nrn. 3, 6 FGO
Sachverhalt
Die beiden Gesellschafter einer Rechtsanwalts-Sozietät verpflichteten sich im Gesellschaftsvertrag, für das Leben des jeweils anderen Gesellschafters eine Risikolebensversicherung abzuschließen. Durch die Versicherungsprämie sollte der durch den Tod eines Gesellschafters drohende Umsatzausfall abgedeckt und die Fortführung der Kanzlei gesichert werden. Zudem verpflichtete sich die jüngere Gesellschafterin, im Versicherungsfall die Versicherungssumme vorrangig für die Ablösung von Sicherheiten zu verwenden, die die Ehefrau des Mitgesellschafters zur Finanzierung eines Kanzleikaufs gewährt hatte.
Die Klägerin machte die Versicherungsprämien als Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafter geltend. Das FA lehnte dies ab. Die Klage der Gesellschaft blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.7.2009, 9 K 289/06, Haufe-Index 2306954, EFG 2010, 856).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Gesellschaft als unbegründet zurück. Im Einzelnen kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.
Hinweis
1. Die Abziehbarkeit von Versicherungsprämien als Betriebausgaben, d.h. ihre betriebliche Veranlassung richtet sich – so die ständige Rechtsprechung – nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches und im Schadensfall verwirklichtes Risiko, sind die Prämien Betriebsausgaben und die Versicherungsleistungen Betriebseinnahmen. Ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Versicherungsleistungen nicht steuerbar sind.
2. Der Begriff des versicherten Risikos ist sprachlich etwas unscharf. Man kann ihn theoretisch in zweierlei Blickrichtungen verstehen, was immer wieder zu Missverständnissen und Streitigkeiten führt. Man kann nämlich sprachlich unter dem "versicherten Risiko" die wirtschaftlichen Folgen verstehen, gegen die man sich mit der Versicherung schützen will. Oder man versteht unter dem versicherten Risiko die Ursache, die den Versicherungsfall auslöst. Das unterschiedliche Begriffsverständnis führt jeweils zu divergierenden steuerrechtlichen Konsequenzen. Deshalb ist eine sorgfältige begriffliche Klärung geboten, was das "versicherte Risiko" ist.
3. Die Rechtsprechung des BFH hat sich dazu durchgerungen, dass es für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf ankommt, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzen sind. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Versicherungsleistungen aufgrund von Vereinbarungen für den Betrieb verwendet werden sollen. Ausschlaggebend ist, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, was insbesondere bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall sein kann, weil die Risikoursache im betrieblichen Bereich liegt. Nur in diesem Fall sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) gewähren, der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen. Dagegen stellen Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, da sie bei wertender Betrachtung der privaten Lebensführung zuzurechnen sind.
4. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft gegenseitig jeweils eine Lebensversicherung auf das Leben des anderen Mitgesellschafters abschließen. Die Versicherungsbeiträge, die die Gesellschafter für die jeweils auf das Leben des anderen Gesellschafters abgeschlossene Risikolebensversicherung geleistet haben, sind nicht betrieblich veranlasst und somit nicht nach § 4 Abs. 4 EStG als Sonderbetriebsausgaben abziehbar.
a) Dies gilt auch dann, wenn es den Gesellschaftern beim Abschluss der Versicherungen um die Absicherung gegen die Risiken geht, die mit dem Versterben eines der Gesellschafter für das Unternehmen verbunden sind, etwa Umsatzeinbußen durch Ausfall der Arbeitskraft des Verstorbenen bei unvermindert hohen Kosten.
Ausschlaggebend ist, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst ist. Versicherte Gefahr ist bei einer Risikolebensversicherung der Todesfall. Mit dem Tod verwirklicht sich ein allgemeines Lebensrisiko, das der Privatsp...