Leitsatz
Ein ausländisches College kann mit einer Stiftung deutschen Rechts vergleichbar und damit gemeinnützig sein.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein College im Vereinigten Königreich. Es wurde mit einer königlichen Urkunde im Jahr 1555 durch Ritter, Bürger und Ratsherrn der Stadt C. gegründet. Als immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste ist das College im Vereinigten Königreich wegen Förderung der Allgemeinheit von der Besteuerung ihres Einkommens freigestellt. Das College ist befugt, seine finanziellen Mittel nicht nur in diversen Geldanlagen, sondern auch in unbewegliches Vermögen zu investieren. In den Jahren 2007 und 2008 erwarb das College drei Grundstücke in Berlin und erzielte daraus Vermietungseinkünfte. Das deutsche Finanzamt hat dem College die Anerkennung als nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft versagt. Die Satzung genüge nicht den Anforderungen der §§ 60, 61 AO, es mangele an Regelungen zur Vermögensbindung und zur Selbstlosigkeit.
Entscheidung
Das FG sieht die Voraussetzung für eine Befreiung von der deutschen Körperschaftsteuer als gegeben an. Entscheidend war vor allem, dass das College in seiner Organisation und Struktur in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer Stiftung deutschen Rechts vergleichbar ist. Auch wird eine Förderung von Wissenschaft und Forschung und damit der Allgemeinheit bejaht. Für eine Prüfung der §§ 59, 60 AO ist nicht nur auf die Statuten, sondern auch auf das sogenannte Royal Patent aus dem Jahr 1555 abzustellen. Aus den dortigen Regelungen kann auf das Erfordernis der Ausschließlichkeit im Sinne des § 56 AO geschlossen werden, auch wenn dies nicht explizit im Wortlaut genannt wird. Die diversifizierte Vermögensanlage in Grundstücken ist nicht gemeinnützigkeitsschädlich, trotz zunächst generierter Verluste. Den erforderlichen Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2 AO hat das FG angesichts der Ausbildung auch von deutschen Studenten bejaht. Angesicht deutschsprachiger Studiengänge kann die Lehr- und Forschungstätigkeit des Colleges zum Ansehen Deutschlands beitragen.
Hinweis
Das Verfahren befand sich bereits im 2. Rechtsgang. Ein früheres Urteil des FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.7.2004, 4 K 12276/11 hatte der BFH aufgehoben (BFH, Urteil v. 25.10.2016, I R 54/14). Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache erneut zugelassen und das Finanzamt ging ein zweites Mal in Revision, Az beim BFH R 35/18.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 28.06.2018, 9 K 11080/17