OFD Hannover, Verfügung v. 23.6.1999, S 0171 - 41 - StO 213/S 2729 - 702 - StH 233
Die Mitgliedschaft eines Schützenvereins im Niedersächsischen Sportschützenverband e.V. (NSSV) ist nur möglich, wenn der Schützenverein gemeinnützig i.S. der §§ 51 bis 68 AO ist. Deshalb beantragen zahlreiche bisher nicht als gemeinnützig anerkannte Schützenvereine die Gemeinnützigkeit. Um den Vereinen das Verfahren zu vereinfachen, stellt der NSSV ihnen eine Mustersatzung zur Verfügung. § 2 der Mustersatzung sieht als selbständige Zwecke des Vereins u.a.
- die Förderung und die Überwachung des Sportschießens nach einheitlichen Regeln und
- die Förderung des Schützenbrauchtums vor.
Der NSSV hat vorgetragen, daß die Vereine gemeinnützigkeitsrechtlich unterschiedlich beurteilt werden. Es wird deshalb gebeten, die nachstehende Auffassung zu vertreten.
Die Förderung des Schützenbrauchtums (z.B. der Schützenausmarsch) kann kein selbständiger Satzungszweck sein. Das Schützenbrauchtum ist unselbständiger Bestandteil des Schießsports. Losgelöst vom Schießsport hat das Schützenbrauchtum keine eigene Funktion. Es wird nicht um seiner selbst willen ausgeübt, sondern ist stets eng verbunden mit den verschiedenartigen Erscheinungsformen des Schießsports. Schützenfeste als Teil des Schützenbrauchtums sind vornehmlich gesellige Veranstaltungen. Wenn sie im Vergleich zur steuerbegünstigten Tätigkeit (Schießsport) des Vereins von untergeordneter Bedeutung sind, berühren sie gem. § 58 Nr. 8 AO nicht seine Gemeinnützigkeit. Soweit aus den geselligen Veranstaltungen Einnahmen erzielt werden, unterliegen sie als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Steuerpflicht.
Die gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Schützenfesten ist im Anwendungserlaß zur Abgabenordnung vom 15.7.1998 (KSt-Kartei, § 5 KStG Karte H 4) in Tz. 6 zu § 52 AO bundeseinheitlich geregelt. Zwar können historische Schützenbruderschaften wegen der Förderung der Brauchtumspflege als gemeinnützig anerkannt werden. Die besondere Nennung des traditionellen Brauchtums als gemeinnütziger Zweck in § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO soll jedoch keine gemeinnützige Ausweitung des Brauchtums bedeuten.
Als Brauchtumspflege i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO können nur solche Traditionen angenommen werden, die mit den Zielen des Karnevals, der Fastnacht oder des Faschings identisch sind (BFH-Urteil vom 14.9.1995, I R 153/93, BStBl 1995 II S. 499). Deshalb sind Vereine, deren Hauptzweck die Veranstaltung von örtlichen Volksfesten ist, in der Regel nach wie vor nicht gemeinnützig. Zu solchen Volksfesten zählen grundsätzlich die von Schützenvereinen veranstalteten Schützenfeste (s.a. Kießling/Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, Tz. 2.2.5 Stichwort „Schützenbrüderschaften, Schützenvereine”). Schützenvereine, die das Schützenbrauchtum als selbständigen Satzungszweck aufgenommen haben, sind deshalb nicht als gemeinnützig anzuerkennen. Das Niedersächsische Finanzministerium hat den NSSV entsprechend unterrichtet und gebeten, die Mustersatzung zu ändern und die Mitgliedsvereine hiervon zu unterrichten.
Normenkette
AO § 52