OFD Rheinland, Verfügung v. 6.1.2006, o. Az.

Anwendung des BFH-Urteils vom 27.7.2004, IX R 54/02

Mit Urteil vom 27.7.2004, IX R 54/02 (BFH/NV 2004 S. 1645) hat der BFH entschieden, dass bei einer Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter grundsätzlich – auch in Fällen der gemischten Schenkung – der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Dies gilt insbesondere auch für die Übertragung eines gemischt genutzten Gebäudes, bei dem die unterschiedlich genutzten Gebäudeteile steuerrechtlich jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter bilden.

Beispiel:

Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge überträgt der Vater seinem Sohn ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen. Die Wohnung im Obergeschoss wird vom Sohn zu eigenen Wohnzwecken genutzt, die Wohnung im Erdgeschoss wird vermietet. Im Übertragungsvertrag wird für die Erdgeschosswohnung ein Kaufpreis von 200.000 EUR vereinbart, die Wohnung im Obergeschoss soll unentgeltlich übertragen werden. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 400.000 EUR.

Frühere Rechtsauffassung

Bei der teilentgeltlichen Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter waren die Anschaffungskosten zwingend nach dem Verhältnis der Verkehrswerte den einzelnen Wirtschaftsgütern anteilig zuzurechnen (BMF-Schreiben vom 13.1.1993, BStBl 1993 I S. 80; vom 24.7.1998, BStBl 1998 I S. 914). Eine gesonderte Zuordnung des Kaufpreises zu der Wohnung im Erdgeschoss war nach den BMF-Schreiben nicht zulässig. Als Anschaffungskosten der vermieteten Wohnung waren 100.000 EUR zu berücksichtigen.

Rechtsauffassung nach neuer BFH-Rechtsprechung

Die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter ist der Besteuerung zugrunde zu legen. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) oder ein Scheingeschäft (§ 41 AO) liegt nicht vor. Auch Angehörige können ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht die Gestaltung noch nicht unangemessen i.S. des § 42 AO. Insbesondere liegt der vereinbarte Kaufpreis nicht über dem Verkehrswert der Erdgeschosswohnung. Als Anschaffungskosten der vermieteten Wohnung sind somit 200.000 EUR zu berücksichtigen.

Das BFH-Urteil ist zur Veröffentlichung im BStBl vorgesehen. Die Urteilsgrundsätze sind auf vergleichbare Fallgestaltungen anzuwenden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Gebäudeteile – über dem jeweiligen Verkehrswert – führen darf.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1

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