Leitsatz

Werden private und betriebliche Geschäftsvorfälle nicht über getrennte Konten abgewickelt, so handelt es sich auch bei dem vorwiegend für private Zwecke eingerichteten Konto um ein betriebliches Konto. Die Kontoauszüge und die die Kontenbewegungen betreffenden Belege wie Eingangs- und Ausgangsrechnungen unterliegen damit der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO. Das Finanzamt kann mithin im Rahmen einer Außenprüfung auch die Vorlage dieser Kontounterlagen verlangen.

 

Sachverhalt

Neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit führte der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb, für den eine Außenprüfung angeordnet wurde.

Der Prüfer stellte fest, dass kein Kassenbuch geführt wurde Überweisungen von Kunden waren teilweise auf das Privatkonto geflossen. Bankbelege für dieses Konto wurden nicht vorgelegt. Der Prüfer erstellte eine private Geldverkehrsrechnung, die eine Einnahmezuschätzung zum Ergebnis hatte.

Gegen die Zuschätzung wurde eingewendet, dass die Buchführung ordnungsgemäß sei und daher nicht zu einer Zuschätzung von Umsätzen und Gewinnen berechtige. Eine Kassenbuchführung sei entbehrlich, weil sämtliche Einnahmen unbar beglichen worden seien. Das Fehlen von Rechnungsdurchschriften sei ebenso wie die doppelte Vergabe von Rechnungsnummern kein Indiz für die Verschleierung von Einnahmen. Die Mängel der Buchführung seien unbeachtlich, da der Steuerpflichtige angesichts der geringen Einnahmen jederzeit den Überblick behalten habe. Der im Rahmen der privaten Geldverkehrsrechnung angenommene private Verbrauch sei überhöht.

 

Entscheidung

Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu Schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen gibt, wenn er nicht in der Lage ist, Bücher und Aufzeichnungen vorzulegen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Eine ordnungsgemäße Buchführung ist der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Bei Buchführungsfehlern ist nicht auf die formale Bedeutung des Mangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen. Buchführungsmängel rechtfertigen eine Hinzuschätzung nur dann, wenn sie die sachliche Unrichtigkeit des Buchführungsergebnisses erkennen lassen. Schätzungen müssen in sich schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich sein. Grundsätzlich muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Einnahmen ergibt sich aus § 22 UStG. Die nach § 22 UStG bestehende Aufzeichnungspflicht hat auch Bedeutung für die Einkommensteuer.

Im vorliegenden Fall war die Buchführung nicht ordnungsgemäß. Rechnungsnummern waren doppelt vergeben, teilweise fehlten Rechnungen und Zahlungen betrieblich bedingter Einnahmen erfolgten auf das Privatkonto, wobei die entsprechenden Kontounterlagen nicht mehr vorgelegt werden können. Durch den Verzicht private und betriebliche Geschäftsvorfälle über getrennte Konten abzuwickeln, wird auch ein vorwiegend für private Zwecke eingerichtetes Konto zu einem betrieblichen Konto. Die Kontoauszüge und die die Kontenbewegungen betreffenden Belege, wie Eingangs- und Ausgangsrechnungen, unterliegen damit auch der Aufbewahrungspflicht nach § 147 AO. Das Finanzamt kann mithin im Rahmen einer Außenprüfung auch die Vorlage dieser Kontounterlagen verlangen. Die Nichtvorlage der damit gleichermaßen betrieblichen Kontounterlagen verhindert im Ergebnis jedwede Überprüfung der Umsätze des Klägers. Auch die über die gesamte Dauer der Tätigkeit erklärten Verluste verstärkten den Verdacht, dass nicht sämtliche Einnahmen erfasst worden sind. Insgesamt besteht somit hinreichend Anlass zu der Annahme, dass das Buchführungsergebnis unrichtig ist.

 

Hinweis

Das FG hat hier erneut die Grundsätze zur Schätzungsbefugnis des Finanzamts bestätigt. Es reicht zwar unverändert nicht zur Schätzung, wenn die Buchführung nur wenige formale Mängel aufweist. Mehren sich jedoch die Mängel und haben sie sachliches Gewicht, ist die Grundlage für eine Schätzung vorhanden. Einen Mangel mit sachlichem Gewicht hat das FG wohl eindeutig darin gesehen, dass auf einem angeblichen Privatkonto betriebliche Zahlungseingänge vorliegen und die Vorlage des Kontos mit dem Hinweis es sei ein Privatkonto verweigert wurde.

 

Link zur Entscheidung

FG des Saarlandes, Urteil vom 30.06.2005, 1 K 141/01

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