LfSt Bayern v. 27.4.2011, S 0520.1.1 - 1/1 St 42
1. Zweck der Aufteilung
Ehegatten sind Gesamtschuldner der aufgrund der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG sich ergebenden Steuerschuld (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Gesamtschuldnerschaft hat zur Folge, dass jeder Ehegatte bis zur vollständigen Tilgung die gesamte Steuerschuld schuldet (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO). Erst durch die Aufteilung nach den §§ 268 ff. AO wird die Gesamtschuld für Zwecke der Vollstreckung in Teilschulden aufgeteilt und dadurch die Vollstreckung gegen die Gesamtschuldner auf ihren jeweiligen Anteil an der Gesamtschuld beschränkt.
2. Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufteilungsbescheides
2.1 Die Aufteilung ist nur statthaft bei Personen, die Gesamtschuldner sind, weil sie zusammen zur Einkommensteuer (§§ 26, 26b EStG) veranlagt wurden. Die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer erfasst auch den Solidaritätszuschlag, so dass auch dieser in die Aufteilung einzubeziehen ist.
In anderen Fällen der Gesamtschuldnerschaft ist eine Aufteilung nach den §§ 268 ff. AO unzulässig, insbesondere zwischen Steuerschuldner und Haftungsschuldner.
2.2 Weitere Voraussetzung für die Aufteilung einer Gesamtschuld ist, dass Steuerbeträge (Vorauszahlungen oder Abschlusszahlungen) rückständig (s. hierzu Tz. 4) sind und ein ordnungsgemäßer Antrag auf Aufteilung gestellt wird (s. hierzu Tz. 3).
3. Anträge auf Aufteilung
3.1. Form
Für den Aufteilungsantrag ist Schriftform vorgeschrieben (§ 269 Abs. 1 AO). Der Antrag ist nur wirksam, wenn er bei dem für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen FA schriftlich gestellt oder zur Niederschrift erklärt wird. Eine Aufteilung von Amts wegen erfolgt nicht. § 89 AO bleibt jedoch unberührt.
3.2. Antragsberechtigung
Antragsberechtigt ist jeder Gesamtschuldner. Ist über das Vermögen eines oder beider Gesamtschuldner das Insolvenzverfahren eröffnet worden, ist der Insolvenzverwalter zur Antragstellung befugt.
Wenn der Antrag nicht von allen Gesamtschuldnern gestellt wurde, ist den übrigen Gesamtschuldnern vor Erteilung eines Bescheides unter den Voraussetzungen des § 91 AO rechtliches Gehör zu gewähren. Der Inhalt des Antrags ist ihnen dabei zur Kenntnis zu geben.
3.3. Zeitpunkt und Zulässigkeit des Antrags
Der Antrag kann bereits vor Fälligkeit der Steuerbeträge, jedoch frühestens nach Bekanntgabe des Leistungsgebots gestellt werden (§ 269 Abs. 2 Satz 1 AO). Wird der Antrag vor Bekanntgabe des Leistungsgebots gestellt, ist er unzulässig. Die Unzulässigkeit wird auch nicht durch die spätere Bekanntgabe eines Leistungsgebots geheilt. Nach vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer ist der Antrag nicht mehr zulässig (§ 269 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies gilt auch dann, wenn die Tilgung der Gesamtschuld im Wege der Aufrechnung (§ 226 AO) durch das FA erfolgt (BFH-Urteil vom 12.6.1990, VII R 69/89, BStBl 1991 II S. 493).
Kann ein Aufteilungsbescheid wegen Unzulässigkeit nicht erteilt werden, ist dessen Erteilung abzulehnen und der Antragsteller darüber zu belehren, dass nur ein zulässiger Aufteilungsantrag die Rechtsfolgen des Aufteilungsantrags (vgl. Tz. 3.4) auslösen kann.
War die rückständige Steuer, zu der auch Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge gehören (vgl. § 276 Abs. 4 AO) nur teilweise getilgt, ist der Aufteilungsantrag zulässig. Die Aufteilung erfolgt in diesem Fall aber nur noch bezüglich der rückständigen Steuer (vgl. § 270 Satz 1 AO).
3.4. Inhalt des Antrags
Sofern sich die für die Aufteilung erforderlichen Angaben nicht aus der Steuererklärung ergeben, sind sie im Antrag aufzuführen (§ 269 Abs. 2 Satz 3 AO). Ein unvollständiger Antrag ist jedoch nicht unwirksam, eine Ablehnung unter Hinweis auf den Wegfall der Vollstreckungsbeschränkung nach § 277 AO kommt nur dann in Betracht, wenn die Angaben nicht nachgeholt werden und auch nicht anderweitig ermittelt oder geschätzt werden können.
3.5. Zusammenwirken von Veranlagungsstelle und Vollstreckungsstelle
Zuständig für die Bearbeitung von Aufteilungsanträgen ist die Veranlagungsstelle des für die Besteuerung des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung örtlich zuständigen FA. Sie prüft die Zulässigkeit des Antrags, ermittelt ggf. den Sachverhalt und erteilt die erforderlichen Bescheide. Wird eine Vollstreckungsmaßnahme im Wege der Amtshilfe (§ 250 AO) für ein anderes FA durchgeführt, ist der Antrag bei dem um Amtshilfe ersuchenden FA zu stellen (vgl. § 250 Abs. 1 Satz 2 AO).
Eine mehrfache örtliche Zuständigkeit (§ 25 AO) kann sich ergeben, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung zwei verschiedene FÄ für die Besteuerung des Einkommens (§ 19 AO) zuständig sind, weil jeder Ehegatte zur Antragstellung berechtigt ist und die Entscheidung über den Antrag gegenüber den Beteiligten einheitlich zu erfolgen hat (§ 279 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Erteilung des Aufteilungsbescheids ist von dem FA durchzuführen, das nach den Regelungen in Karte 1 zu § 25 AO auch für die Steuerfestsetzung, die zur Gesamtschuld geführt hat, zuständig ist.
Unverzüglich nach Eingang des Antrags ist w...