Leitsatz

Gewährt der (beherrschende) Gesellschafter einer ausländischen (hier: britischen) Kapitalgesellschaft der Letzteren ein zinsloses und unbesichertes Darlehen, so kann dadurch die Rechtsfolge des § 1 AStG a.F. nur dann ausgelöst werden, wenn das Darlehen im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen beiden Unternehmen gegeben wird. Das ist nach der bis 2002 geltenden Rechtslage nicht der Fall, wenn die begünstigte Gesellschaft mangels ausreichender Eigenkapitalausstattung ohne die Darlehengewährung ihre unternehmerische Funktion nicht erfüllen könnte (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 und 4, § 21 Abs. 11 S. 1 AStG a.F

 

Sachverhalt

Die Kläger sind im Inland wohnende Eheleute, die im Streitjahr 1999 zusammen zur ESt veranlagt wurden. Der Kläger war im Streitjahr zu 75 % an einer Kapitalgesellschaft britischen Rechts (Ltd.) mit Sitz in Großbritannien beteiligt. Das Stammkapital der Ltd. betrug 2 £. Die Ltd. betrieb Landwirtschaft auf einem Farmgelände, das sie von einer Schweizer AG gepachtet hatte.

Der Ltd. wurden bei der Gründung zinslose Gesellschafterdarlehen i.H.v. 120 000 £ aus dem Privatvermögen ihrer Gesellschafter gewährt. Der Anteil des Klägers betrug 90 000 £. Ein schriftlicher Darlehensvertrag wurde nicht geschlossen. Sicherheiten wurden nicht gestellt.

Das FA rechnete dem Kläger für das Streitjahr unter Berufung auf § 1 AStG a.F. unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4 % fiktive Zinseinnahmen zu. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Eine spätere Änderung gem. § 177 AO lehnte das FA ab.

Das FG gab der anschließenden Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2008, 17 K 894/05 E, Haufe-Index 1979321, EFG 2008, 1006).

 

Entscheidung

Der BFH blieb sich und seiner Rechtsprechung treu und erkannte mit dem FG eine gesellschaftsrechtlich veranlasste (Kapitalersatz-)Beziehung, nicht jedoch eine Geschäftsbeziehung i.S.v. § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AStG a.F. Da die Auslandsgesellschaften nicht über hinreichend Eigenkapital verfügten, um am Marktgeschehen teilzunehmen, handele es sich auch um Maßnahmen des Kapitalersatzes.

 

Hinweis

Ein letztlich bloß nachrichtlicher, wegen anhaltenden "Widerstands" der Finanzverwaltung aber gleichwohl praxiswichtiger Hinweis an die Beraterschaft. Er betrifft die "Geschäftsbeziehung"in § 1 Abs. 1 AStG bis zu dessen Novellierung durch das StVergAbG vom 16.05.2003 (BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321):

1. Der BFH bekräftigt mit dem Besprechungsbeschluss (ebenso wie mit dem Parallelbeschluss vom 29.04.2009, I R 88/08) einmal mehr seine einschlägige Rechtsprechung, wonach eine Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nicht in Betracht kommt, wenn der betreffenden Beziehung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft als ihm nahestehender Person (§ 1 Abs. 2 AStG) kapitalersetzenden Charakters ist und damit nicht auf einer (schuldrechtlichen) "Geschäftsbeziehung" i.S.v. § 1 Abs. 1 und 4 AStG basiert.

Das wurde seitens des BFH erstmals im Urteil vom 29.11.2000, I R 85/88 (BFH/NV 1992, 59, BFH/PR 2001, 264) für eine unentgeltliche konzerninterne Garantieerklärung (sog. Patronatserklärung) judiziert, sodann im Urteil vom 27.08.2008, I R 28/07 (BFH/NV 2009, 123) abermals für eine unentgeltliche Garantiererklärung und nunmehr nochmals für ein zinsloses und unbesichertes Gesellschafterdarlehen bzw. konzerninterne zinslose Lieferkredite wiederholt. In die Notwendigkeit für diese beständigen Wiederholungen versetzte den BFH die Finanzverwaltung, die die Rechtsprechung nun partout nicht hinnehmen will (s. den Nichtanwendungserlass vom 17.10.2002, BStBl I 2002, 1025) und immer wieder neue Anläufe unternimmt, den BFH anderweitig zu überzeugen. Das misslang.

2. Zu alldem muss dreierlei gesagt werden, dem absoluter Aktualitätswert zukommt:

Zum Ersten betrifft die Rechtsprechung zwar "altes" Recht, nämlich die Gesetzeslage bis zum VZ 2002, anzuwenden (vgl. § 21 Abs. 11 S. 1 AStG n.F.). Seitdem wurde § 1 Abs. 4 AStG n.F. umformuliert, insbesondere dahin, dass "Geschäftsbeziehung … jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung (ist), die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist …". Möglicherweise sieht die Welt hiernach anders aus und rechtfertigt ein Rechtsverständnis, wonach die äußere "Form" der Vertragsbeziehung deren "Inhalt" – den eigentlichen Kapitalersatz – überspielt ("form over substance").

Jedoch: Sicher ist diese Sichtweise aber keineswegs! Und von einer "Klarstellung" kann keine Rede sein (so aber die amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/119, 53).

Zum Zweiten ist auf die Abgrenzungen hinzuweisen, die sich für das Regelungsverständnis des § 8b Abs. 3 KStG (a.F.) ergeben. Nach dem BFH-Urteil vom 14.01.2009, I R 52/08 (BFH/NV 2009, 856, BFH/PR 2009, 223) sind Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen keine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zu dessen Änderung durch das JStG 2008 vom 20.12.2007.

Die Finanzverwaltung hat sich auch mit diesem...

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