Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Die nachfolgenden Personen sind Geschäftsführer von Gesellschaften, an denen sie auch jeweils beteiligt sind. Zu beurteilen sind jeweils die Geschäftsführungsleistungen.
- A ist Gesellschafter und Geschäftsführer der A & B OHG. Beide Gesellschafter (A und B) sind zu gleichen Teilen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt. Der Gesellschafter B übt keine aktive Tätigkeit mehr für die Gesellschaft aus. Daher ist vertraglich geregelt, dass A monatlich einen als "Gewinnvorab" bezeichneten Betrag i. H. v. 5.000 EUR (alternativ: 1.500 EUR) entnehmen kann, der handelsrechtlich als Aufwand gebucht wird. Der nach Abzug dieser Aufwendungen verbleibende Gewinn der Gesellschaft i. H. v. 300.000 EUR wird beiden Gesellschaftern hälftig zugerechnet. In Höhe des "Gewinnvorab" besteht für A auch in Verlustfällen keine Verpflichtung zur Rückzahlung.
- C ist Gesellschafter (beteiligt mit 60 % am Stammkapital) und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der C-GmbH. Zwischen ihm und der C-GmbH ist ein Anstellungsvertrag abgeschlossen worden, in dem die Rechte und Pflichten der beiden Beteiligten geregelt sind. Unter anderem erhält C ein festes Monatsgehalt i. H. v. 5.000 EUR, hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 6 Wochen und erhält bei Krankheit das Gehalt 6 Wochen weitergezahlt.
- D ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der D-GmbH. Die D-GmbH ist Komplementärin der D-KG und führt deren Geschäfte. D als natürliche Person ist alleiniger Kommanditist der D-KG. Die Anteile an der D-GmbH werden von D in seinem Sonderbetriebsvermögen bei der D-KG gehalten. D erhält von der D-GmbH eine monatliche Geschäftsführervergütung i. H. v. 2.000 EUR, ein 13. Monatsgehalt sowie Gehaltsfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall. Die D-GmbH erhält von der D-KG für die Geschäftsführungstätigkeit eine monatliche Vergütung i. H. v. 2.500 EUR. Die D-KG führt Versicherungsvermittlungsleistungen aus.
2.2 Fragestellungen
Die beteiligten Personen möchten jeweils wissen,
- ob sie als Unternehmer Umsatzsteuer schulden,
- wie die Abrechnungen aussehen müssten und wann die Umsatzsteuer entsteht, soweit die Unternehmereigenschaft vorliegt und
- ob die Gesellschaften ggf. einen Vorsteuerabzug haben.
2.3 Lösung
Gesellschafter A als Geschäftsführer bei der A & B OHG
A kann grundsätzlich als natürliche Person Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG sein. Voraussetzung ist, dass er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht am Markt Leistungen erbringt. Mit der Tätigkeit als Geschäftsführer bei der OHG wird er selbstständig tätig, eine weisungsgebundene Tätigkeit gegenüber der Gesellschaft liegt nicht vor. Die Tätigkeit wird von A nachhaltig ausgeübt, da sie auf Dauer ausgerichtet ist. Die Leistung wird auch im Rahmen eines Leistungsaustauschs erbracht, da A ein gesondertes Entgelt für seine Dienstleistung erhält.
Die Leistung wird nicht auf gesellschaftsrechtlicher Ebene erbracht. Dadurch, dass A monatlich 5.000 EUR für die Führung der Geschäfte der OHG erhält, besteht ein eindeutiger Leistungsaustausch. Der Dienstleistung "Geschäftsführung" steht eine Zahlung eines gesonderten, genau bestimmbaren Entgelts gegenüber. Es kommt bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung nicht auf die Bezeichnung an. Dass die Gesellschafter diese Zahlung als "Gewinnvorab" bezeichnet hatten, ändert nichts daran, dass die Zahlung als Gegenleistung für die Dienstleistung anzusehen ist, da auch keine Rückzahlung im Verlustfall vereinbart worden ist.
Vertragliche Bezeichnung für steuerrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich
Bei der Beurteilung, ob es sich bei einer solchen Vergütung um ein Entgelt für eine Dienstleistung handelt oder ob es lediglich eine Gewinnverteilung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ist, kommt es nicht auf die Bezeichnung als solche an. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt vor, wenn der Gesellschafter z. B. für seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält, die im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird.
Die Geschäftsführungsleistung des A ist damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und in Ermangelung einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG auch steuerpflichtig. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 UStG mit allem, was A von dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält.
Soweit davon auszugehen ist, dass die 5.000 EUR die monatliche Zahlung der OHG darstellen, ist aus diesem Betrag die Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % herauszurechnen. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit 4.201,68 EUR pro Monat und die Umsatzsteuer 798,32 EUR.
Besteuerungsverfahren abhängig von Gesamtumsatz
Wenn A keine weitere unternehmerische Tätigkeit ausführt, liegen bei ihm die Voraussetzungen für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten vor. Damit entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG mit dem jeweiligen Zahlungszufluss. Soweit A die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht anwenden sollte, würde die Umsatzsteuer auf...