Dr. Florian Kloster, Dr. Daniel Licht
4.8.1 Grundlegendes
Rz. 138
Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer ist grundsätzlich das Kalenderjahr (§ 14 Satz 2 GewStG). Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des gesamten Kalenderjahres – z. B. in den Fällen, in denen unterjährig ein Gewerbebetrieb eröffnet oder eingestellt wird –, so wird der Gewerbeertrag nicht auf ein ganzes Jahr hochgerechnet, sondern der Erhebungszeitraum wird auf den Zeitraum der Steuerpflicht abgekürzt (abgekürzter Erhebungszeitraum; § 14 Satz 3 GewStG). Für Zwecke des Ermittlungszeitraums verweist § 7 Satz 1 GewStG auf die Vorschriften des Einkommen- und des Körperschaftsteuergesetzes. Folglich ist auch der Gewerbeertrag nach dem Wirtschaftsjahr i. S. d. § 4a EStG, § 7 Abs. 4 KStG zu ermitteln. Obwohl dies bereits aus den einkommen- und den körperschaftsteuerlichen Vorschriften hervorgeht, hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 GewStG nochmals klargestellt, dass auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags, dieser bei abweichendem Wirtschaftsjahr in dem Erhebungszeitraum als bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet; § 10 Abs. 2 GewStG ist demnach deklaratorischer Art.
Rz. 139
Wenn ein Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr, das die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2 GewStG erfüllt, neu in die Steuerpflicht eintritt, so ist in dem Erhebungszeitraum, in dessen Verlauf die Eröffnung des Gewerbebetriebs erfolgt, regelmäßig keine Gewerbesteuer zu erheben, da in diesem Erhebungszeitraum kein Gewerbeertrag als bezogen gilt.
Rz. 140
Wird während eines Erhebungszeitraums ein Gewerbebetrieb eröffnet oder eingestellt und umfasst der Zeitraum für die Ermittlung des Gewerbeertrags somit kein volles Jahr, so ist gleichwohl dieser Gewerbeertrag für die Besteuerung in dem Erhebungszeitraum maßgebend, in dem er bezogen worden ist; eine Umrechnung erfolgt nicht. Dieser Gewerbeertrag ist z. B. auch bei der Gewährung des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG unverändert zugrunde zu legen.
Rz. 141
Die Umstellung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres auf ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr kann dazu führen, dass in dem Erhebungszeitraum der Umstellung ein Gewerbeertrag aus einem Zeitraum von bis zu 23 Monaten bezogen wird, dieser aber dennoch in diesem Erhebungszeitraum für die Besteuerung maßgebend ist.
Rz. 142
Die Bemessung der gewerbesteuerlichen Vorauszahlungen entspricht dem Vorauszahlungssystem bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Analog zur Körperschaftsteuer (§ 31 Abs. 2 KStG) sind bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr auch die Gewerbesteuer-Vorauszahlungen bereits während des Wirtschaftsjahres zu entrichten, das im Erhebungsjahr endet (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GewStG; R 19.1 GewStR).
Rz. 143
Durch die Entrichtung der Vorauszahlung bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr in dem entsprechenden Wirtschaftsjahr wird vermieden, dass bei Neugründungen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr oder bei der Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr eine Steuerpause eintritt. Auf die Jahressteuerschuld für den Erhebungszeitraum sind die im abweichenden Wirtschaftsjahr, das im maßgebenden Erhebungszeitraum endet, festgesetzten und entrichteten Vorauszahlungen anzurechnen.
Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1.7.00–30.6.01; die Steuer betrug bei der letzten Veranlagung 60.000 EUR (§ 19 Abs. 2 GewStG).
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStG sind die Vorauszahlungen am 15.8.00, 15.11.00, 15.2.01 und 15.5.01 zu entrichten. Die zu je 15.000 EUR im abweichenden Wirtschaftsjahr 1.7.00–30.6.01 geleisteten Vorauszahlungen sind schließlich auf die endgültige Steuerschuld des Erhebungszeitraums 01 anzurechnen.
Rz. 144
Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 GewStG gilt die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht für Gewerbetreibende, die bereits vor dem 1.1.1986 ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr hatten, es sei denn, sie sind nach dem 31.12.1985 infolge des Wegfalls eines Befreiungsgrundes in die Steuerpflicht eingetreten oder sie haben nach diesem Zeitpunkt das Wirtschaftsjahr auf einen anderen vom 31.12. abweichenden Abschlusszeitpunkt umgestellt.
4.8.2 Relevanz des Wirtschaftsjahres bei der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Rz. 145
Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 der Norm "auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen […], die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt". Nach ständiger Rechtsprechung ist das Ausschließlichkeitserforde...