Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung liegt auch vor, wenn der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun.
Sachverhalt
Ein seit 30 Jahren als Einzelunternehmen geführtes Bauunternehmen wurde bezüglich des Anlagevermögens in eine BGB-Gesellschaft überführt, das restliche Vermögen in eine GmbH & Co. KG. In mehreren Schritten wurden Anteile übertragen, sodass später in gleichem Verhältnis der ehemalige Einzelunternehmer und seine Söhne an den Gesellschaften beteiligt waren.
Die das Anlagevermögen haltende BGB-Gesellschaft überließ der KG das Anlagevermögen unentgeltlich, führte daneben aus der Veräußerung von Anlagevermögen entgeltliche Umsätze aus.
Die Übertragung der Vermögensteile des Einzelunternehmens in die BGB-Gesellschaft und die KG wurde von dem Steuerpflichtigen als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Besteuerung unterworfen. Nach einer Betriebsprüfung unterwarf das Finanzamt die Übertragung der Umsatzsteuer, da nicht von einer Geschäftsveräußerung auszugehen sei. Zum einen seien die Wirtschaftsgüter auf verschiedene Rechtsträger übertragen worden, zum Anderen sei die BGB-Gesellschaft nicht Unternehmer geworden, da das Anlagevermögen nur unentgeltlich überlassen worden seien. Dagegen richtet sich die Klage.
Entscheidung
Das Gericht hat der Klage stattgegeben und eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG angenommen.
Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ist nach § 1 Abs. 1a UStG bzw. Art. 19 MwStSystRL nicht steuerbar. Die Bestimmung bezweckt nach der Rechtsprechung des EuGH, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen. Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben.
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln.
Bisher wurde von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung nur dann ausgegangen, wenn die Übertragung auf einen Rechtsträger erfolgte. Nach Auffassung des Gerichts ist aber, ausgehend vom Zweck der Vorschrift, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun.
Die beiden Gesellschaften waren nur gemeinsam in der Lage, den bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Das sollten sie nach dem Willen des Klägers tun und das haben sie auch getan. Im Streitfall kommt hinzu, dass an sämtlichen beteiligten Gesellschaften jeweils dieselben natürlichen Personen im selben Verhältnis beteiligt sind.
Hinweis
Das Finanzgericht hat Revision zu dem Urteil zugelassen, da bisher noch nicht höchstrichterlich darüber entscheiden wurde, ob eine Geschäftsveräußerung bei Übertragung auf verschiedene Rechtsträger möglich ist. Die eingelegte Revision ist beim BFH unter V R 36/13 anhängig.
Keine Aussagen enthält das Urteil zu der Frage, ob die BGB-Gesellschaft Unternehmer im Sinne des UStG ist. Zwar verweist das Gericht auf die beim EuGH anhängige Vorlagefrage des BFH (BFH, Beschluss v. 20.2.2013, XI R 26/10, BStBl 2013 II S. 464), in der es auch um die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen an eine BGB-Gesellschaft geht. Grundsätzlich setzt die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen die Unternehmereigenschaft des Erwerbers voraus.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 06.08.2013, 2 K 1964/10