OFD Karlsruhe, Verfügung v. 28.2.2012, S 7100 b - Karte 1
Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Näheres regelt Abschn. 1.5 UStAE. Danach ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung grundsätzlich erforderlich, dass der Veräußerer dem Erwerber alle wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens oder seines gesondert geführten Betriebs übereignet.
Ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, ist durch das FA des Veräußerers zu beurteilen.
1. Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen
Das Zurückbehalten einzelner wesentlicher Grundlagen ist unschädlich (vgl. hierzu auch Tz. 3), wenn diese an den Erwerber vermietet oder verpachtet werden (vgl. Abschn. 1.5 Abs. 3 Sätze 2 und 3 und 24.1 Abs. 5 UStAE), sodass der Erwerber das Unternehmen oder den gesondert geführten Betrieb ohne großen finanziellen Aufwand fortsetzen kann (Abschn. 1.5 Abs. 4 Satz 1 UStAE). Dies gilt auch für die Fälle, in denen ein land- und fortwirtschaftlicher Betrieb oder Teilbetrieb übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird, wenn der vormalige Betriebsinhaber z.B. landwirtschaftliche Flächen zurückbehält und an den Erwerber verpachtet.
2. Unentgeltliche Geschäftsveräußerungen
§ 1 Abs. 1a UStG erfasst auch die unentgeltlichen Geschäftsveräußerungen im Ganzen, sodass eine Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b bzw. § 3 Abs. 9a UStG entfällt.
3. Fortführung des Unternehmens
Weitere Voraussetzung für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist, dass der Erwerber Unternehmer ist und das erworbene Unternehmen fortführt. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn der Erwerber mit der Fortführung des Unternehmens erstmalig unternehmerisch tätig wird oder das Unternehmen nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt. Will der Erwerber die übernommene Geschäftstätigkeit sofort abwickeln, kommt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nicht in Betracht (vgl. auch Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 5 UStAE).
Nach dem EuGH-Urteil vom 10.11.2011, C-444/10 (Schriever, UR 2011 S. 937) muss die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile ausreichen, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen.
Ist für eine wirtschaftliche Tätigkeit kein besonderes Geschäftslokal oder kein Lokal mit einer für die Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit notwendigen festen Ladeneinrichtung erforderlich, bzw. verfügt der Erwerber selbst über eine geeignete Immobilie, in die er sämtliche übertragenen Sachen verbringen und in der er die betreffende wirtschaftliche Tätigkeit weiterhin ausüben kann, kann eine Geschäftsveräußerung auch ohne Übereignung des Grundstücks vorliegen.
Muss der Erwerber zur Fortführung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit über dasselbe Geschäftslokal verfügen, das dem Veräußerer zur Verfügung stand, muss dieses zu den übertragenen Bestandteilen gehören. Es reicht aber auch aus, wenn das Geschäftslokal dem Erwerber mittels eines Mietvertrags zur Verfügung gestellt wird.
Allein aus dem Umstand, dass der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde und jederzeit kurzfristig gekündigt werden kann, kann nicht geschlossen werden, dass der Erwerber den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil nicht fortführen, sondern sofort abwickeln will.
4. Verkauf eines von mehreren vermieteten Grundstücken
Auch beim Verkauf eines von mehreren vermieteten Grundstücken unter Fortführung des Mietvertrags durch den Erwerber kann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegen, wenn ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet wird.
Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet hat, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Soweit einkommensteuerlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird, kann umsatzsteuerlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden (Abschn. 1.5 Abs. 6 UStAE). Besondere Einrichtungen einer betrieblichen Organisation muss ein Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinne nicht aufweisen (vgl. Tz. 2 Buchst. a des BFH-Urteils vom 21.5.1987, V R 109/77, BStBl 1987 II S. 735).
Nach Ansicht des BFH ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden, ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche gewisse Selbständigkeit besitzt und dass den verschiedenen Abgrenzungsmerkmalen unterschiedliches Gewic...