3.1 Bilanzierungspflicht für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert
Nach Einkommensteuerrecht muss ein entgeltlich erworbener Geschäftswert in der Steuerbilanz mit seinen Anschaffungskosten aktiviert werden., Für einen selbst geschaffenen Geschäftswert besteht dagegen – wie im Handelsrecht – ein Aktivierungsverbot.
Ob mit dem Kauf eines Unternehmens auch ein Geschäftswert erworben wurde und demgemäß ein entsprechender Betrag in der Steuerbilanz zu aktivieren ist, lässt sich dem Kaufvertrag häufig nicht entnehmen. Hierzu ist vielmehr der für das ganze Unternehmen gezahlte Betrag auf die erworbenen einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen.
Immaterielle – nicht Teil des Geschäftswerts darstellende – Einzelwirtschaftsgüter sind vom Geschäfts-(Praxis-)wert abzugrenzen; sie müssen gesondert aktiviert werden.
3.2 Zuordnung der Anschaffungskosten
Anschaffungskosten für einen Geschäftswert liegen nur vor, wenn der Kaufpreis für den Erwerb des Unternehmens höher ist (Mehrwert) als die Summe aller übrigen materiellen und immateriellen (nicht geschäftswertartigen) Wirtschaftsgüter des Unternehmens. Nach der einfacheren sog. direkten Methode wird der Geschäftswert durch Abzug der Teilwerte der übergegangenen Wirtschaftsgüter vom Kaufpreis ermittelt. Nach der indirekten Methode, zu der der BFH tendiert, wird zunächst der Ertragswert des Unternehmens ermittelt und davon der Substanzwert abgezogen. Bei der Ertragsermittlung ist der Jahresgewinn um einen angemessenen Unternehmerlohn zu kürzen.
Für die Aufteilung des Entgelts auf die erworbenen Wirtschaftsgüter können die Vereinbarungen im Kaufvertrag Anhaltspunkte bieten; die Vorstellungen der Kaufvertragsparteien vom Wert dieser Wirtschaftsgüter sind allerdings für die steuerrechtliche Beurteilung nicht bindend. Die vertraglichen Vereinbarungen über die Aufteilung des Entgelts sind bilanzsteuerrechtlich nur dann maßgeblich, wenn sie wirtschaftlich vernünftig erscheinen und den objektiven Gegebenheiten entsprechen.
Aufteilung eines Gesamtkaufpreises in Stufen
Bei einem Unternehmenskauf werden bei der Verteilung der über die Buchwerte hinausgehenden Mehrwerte werden verschiedene Modelle diskutiert. Bei der reinen 3-Stufen-Theorie wird ein einheitlicher Gesamtkaufpreis wie folgt aufgeteilt:
- Der den Buchwert übersteigende Mehrwert wird zunächst auf die aktivierten Wirtschaftsgüter im Verhältnis der Teilwerte aufgeteilt.
- Sodann sind die beim Veräußerer nicht aktivierten immateriellen Wirtschaftsgüter anteilig zu aktivieren.
- Bei einem übersteigenden Kaufpreis ist der verbleibende Betrag als Geschäftswert zu aktivieren.
Scheidet eine Aktivierung aus, weil tatsächlich ein Geschäftswert nicht vorhanden ist, kann die Mehrzahlung sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden (sofern nicht außerbetriebliche Gründe vorliegen). Dies kann ausnahmsweise bei einer Fehlmaßnahme oder bei der Abfindung eines "lästigen" Gesellschafters der Fall sein, den die Gesellschaft auf andere Weise nicht hätte "los werden" können.
Modifizierte Stufentheorie
Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die modifizierte Stufentheorie die zutreffende Aufteilungsmethode ist.
Bei der modifizierten Stufentheorie erfolgt die Verteilung der Mehrwerte des Erwerbers (bei einem Anteilserwerb in der Ergänzungsbilanz) in nur 2 Stufen.
Auf der 1. Stufe erfolgt einheitlich die Verteilung auf die bereits aktivierten sowie noch nicht aktivierten immateriellen Wirtschaftsgüter.
Im 2. Schritt – vergleichbar dem 3. Schritt bei der 3-Stufen-Theorie – wird die Restgröße der stillen Reserven als Geschäfts bzw. Firmenwert behandelt.
Auch hier gilt, dass ein die stillen Reserven übersteigender Mehrbetrag als Betriebsausgabe zu behandeln ist.
Nach anderer Ansicht bedeutet modifizierte Stufentheorie, dass die "Mehr-Anschaffungskosten" in gleicher Weise für stille Reserven in bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter sowie nichtbilanzierten immateriellen Wirtschaftsgütern einschließlich Geschäftswert geleistet werden.
Der Mehrbetrag ist danach auf alle Wirtschaftsgüter proportional oder im Verhältnis der Teilwerte zu verteilen.
Diese Ansicht geht also davon aus, dass auch der Geschäfts- oder Firmenwert wie alle anderen von der Aufteilung betroffenen Wirtschaftsgüter zu behandeln ist, sodass der gezahlte Mehrwert auf einer einheitlichen Stufe gleichmäßig mit allen anderen von der Aufteilung betroffenen Wirtschaftsgüter zu behandeln ist.