Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Während des Wirtschaftsjahres eintretende Gesellschafter können auch an dem vor ihrem Eintritt erwirtschafteten Ergebnis (Gewinn/Verlust bzw. Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss) beteiligt werden, wenn dies vor Beginn des Wirtschaftsjahres vereinbart wurde.
Sachverhalt
Die Beigeladenen A, B und C waren im Jahr 1997 Gesellschafter einer GbR, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Mit notariellem Vertrag vom 22.10.1997 vereinbarten der Kläger und die Beigeladenen, dass ihm mit Zahlung des vereinbarten Kaufpreises die Beteiligung des A übertragen werde. Falls der Kaufpreis nicht bis spätestens 31.12.1997 entrichtet sei, stehe A ein Rücktrittsrecht zu. Der "Gewinn und Verlust" des Jahres 1997 solle dem Kläger zustehen.
Obwohl der Kläger den Kaufpreis erst im Juli 1998 zahlte, übte A sein vertragliches Rücktrittsrecht nicht aus. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger erst mit der Kaufpreiszahlung Gesellschafter der GbR geworden ist und in 1997 (noch) keine Beteiligungseinkünfte erzielt. Er sei zudem in 1998 nur zeitanteilig an dem Werbungskostenüberschuss der GbR beteiligt. Der Kläger hingegen ist der Auffassung, dass ihm negative Einkünfte bereits ab 1.1.1998 zuzurechnen seien.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat dem Kläger Recht gegeben und ihm den Ergebnisanteil bereits ab 1.1.2018 zugerechnet. Es geht davon aus, dass A bis zur Zahlung des Kaufpreises zwar noch den objektiven Einkünftetatbestand erfüllt und auch subjektiv noch mit Einkunftserzielungsabsicht gehandelt hat. Allerdings sei im Vertrag vom 22.10.1997 eine auch steuerrechtlich wirksame abweichende "Gewinn- und Verlustverteilung" vereinbart worden.
Bei vertragsgerechtem Verhalten des Klägers, d. h. bei fristgerechter Kaufpreiszahlung, wäre nur ihm und nicht auch A für das Jahr 1998 ein anteiliger Einnahme- bzw. Werbungskostenüberschuss zuzuweisen gewesen. Bei vertragswidrigem Verhalten des Klägers sollte diese Ergebnisverteilung nach dem Willen der Vertragsparteien dann (ebenfalls) gelten, wenn sich der Kläger zwar vertragswidrig verhalten und erst verspätet zahlen würde, der Vertrag aber dennoch - mangels Rücktritt des A vom Vertrag - wirksam werden würde. Hätte A dies verhindern wollen, hätte er ohne weiteres bei verspäteter Zahlung vom Vertrag zurücktreten und ggf. neu verhandeln können.
Hinweis
Das Finanzamt hat die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision zum BFH eingelegt (Az beim BFH IX R 35/17). Die Münchner Richter werden sich in diesem Verfahren mit der in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantworteten Frage auseinandersetzen müssen, unter welchen Voraussetzungen eine Teilnahme an Verlusten, die vor dem Beitritt eines Gesellschafters entstanden sind, zulässig sind.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2017, 3 K 1565/15