BMF, Schreiben v. 27.7.1995, IV A 4 - S 0361 - 10/95, BStB l 1995 S. 371, BStBl I 1995, 371

TOP 16 der Sitzung AO II/95

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für gesonderte Feststellungen nach § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO folgendes:

 

I. Allgemeines

Setzt ein Steuerpflichtiger Ansprüche aus einer Lebensversicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchstaben bb, cc und dd EStG während der Dauer der Versicherung im Erlebensfall zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen ein, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, können die Versicherungsbeiträge grundsätzlich nicht als Sonderausgaben abgezogen werden § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG). Gegebenenfalls ist eine Nachversteuerung durchzuführen § 30 Abs. 2 EStDV). Soweit die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind, gehören die Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). In diesen Fällen muß das Versicherungsunternehmen bei Verrechnung oder Auszahlung von Zinsen (z. B. bei Fälligkeit der Versicherung) Kapitalertragsteuer einbehalten § 43 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Nach § 29 EStDV haben der Sicherungsnehmer, das Versicherungsunternehmen und der Versicherungsnehmer dem zuständigen Finanzamt unverzüglich die Fälle anzuzeigen, in denen Ansprüche aus Versicherungsverträgen nach dem 13. Februar 1992 zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt werden.

 

II. Gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der Zinsen

Nach § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (V zu § 180 Abs. 2 AO) ist die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert festzustellen. Der Feststellungsbescheid ergeht gegenüber dem Versicherungsnehmer als Steuerschuldner. Außerdem ergeht an das Versicherungsunternehmen eine Mitteilung über die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer. Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Feststellungsbescheids ist die Entscheidung über die künftige Steuerpflicht der Zinserträge für den Steuerpflichtigen, das Versicherungsunternehmen und die Finanzbehörden verbindlich. Dies gilt nicht nur für die Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer, sondern auch für die spätere Festsetzung der Einkommensteuer. Eine Korrektur des Feststellungsbescheides ist nur nach Maßgabe der §§ 129, 164, 165, 172-175 AO zulässig.

Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids erstreckt sich nur auf die künftige Steuerpflicht der Zinserträge, nicht auch auf die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Für die im Falle der steuerschädlichen Verwendung durchzuführende Nachversteuerung § 30 Abs. 2 EStDV) ist daher der Feststellungsbescheid nicht Grundlagenbescheid i. S. des § 171 Abs. 10 AO. Hieraus folgt auch, daß bei den noch offenen Steuerfestsetzungen der Sonderausgabenabzug anzuerkennen ist, wenn sich nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Feststellungsbescheids aufgrund späterer Rechtserkenntnisse herausstellt, daß die Verwendung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung zu Finanzierungszwecken steuerlich unschädlich ist.

 

III. Regelungsinhalt des Feststellungsbescheids

Gegenstand der gesonderten Feststellung nach § 9 der V zu § 180 Abs. 2 AO ist die verbindliche Entscheidung über die aus einer bestimmten Verwendung der Ansprüche aus der Lebensversicherung sich ergebenden steuerlichen Folgen hinsichtlich der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen.

Die Steuerpflicht umfaßt grundsätzlich sämtliche Zinsen für die gesamte Vertragslaufzeit. In diesem Fall ergeht nur ein Feststellungsbescheid, der die uneingeschränkte Steuerpflicht aller Zinsen feststellt.

In den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG sind nur die anteiligen Zinsen für bestimmte Kalenderjahre steuerpflichtig. Insoweit ist die Regelung des Feststellungsbescheids auf die Feststellung der Steuerpflicht der anteiligen Zinsen für das betroffene Kalenderjahr beschränkt. Deshalb können bei „partieller” Steuerpflicht mehrere Feststellungsbescheide, jeweils bezogen auf die anteiligen Zinsen für die im einzelnen benannten Kalenderjahre, ergehen.

 

IV. Gesonderte Feststellung bei steuerunschädlicher Verwendung

Soweit die Zinsen aufgrund einer bestimmten Verwendung der Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht steuerpflichtig sind, liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung nach § 9 der V zu § 180 Abs. 2 AO nicht vor. Da aber der Steuerpflichtige im Regelfall ein berechtigtes Interesse daran hat, das Ergebnis der Prüfung durch das Finanzamt zu erfahren, ist in diesen Fällen grundsätzlich ein negativer Feststellungsbescheid zu erteilen. Das Finanzamt ist bei der späteren Einkommensteuerveranlagung an die Entscheidung im negativen Feststellungsbesche...

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