LfSt Bayern v. 6.5.2013, S 0127.1.1 - 8/4 St 42
Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit gesondert festzustellen, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige FA nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist.
Dieser Zeitpunkt bestimmt endgültig darüber, ob eine gesonderte Feststellung durchzuführen ist oder nicht; spätere Änderungen dieser Verhältnisse sind unbeachtlich. Dabei ist die Entscheidung für jedes Jahr erneut zu treffen. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr oder einem Rumpfwirtschaftsjahr sind die Verhältnisse zum Schluss dieses Zeitraums maßgebend.
Bei der Anwendung der Regelung des § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO sind u.a. folgende Fallgestaltungen denkbar:
1. Wohnsitzwechsel unter gleichzeitiger Veräußerung oder Betriebsaufgabe bzw. Wohnsitzwechsel nach Veräußerung oder Betriebsaufgabe
Beispiel 1:
Der Steuerpflichtige verlegt im Laufe des Jahres 03 seinen Wohnsitz vom bisherigen Bezirk des FA A in den Bezirk des FA B und gibt zum gleichen Zeitpunkt seinen ebenfalls im Bezirk des FA A gelegenen Betrieb auf.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, jedoch wird der Wohnsitz erst einen Monat nach der Betriebsaufgabe in den Bereich des FA B verlegt.
Verfahrensrechtliche Behandlung:
In beiden Fällen ist für das Jahr 03 keine gesonderte Feststellung vorzunehmen, weil der Wohnsitz und der Ort der Geschäftsleitung bzw. der Tätigkeitsort am Ende des Gewinnermittlungszeitraums (Rumpfwirtschaftsjahr) in den Zuständigkeitsbereich desselben Finanzamts (FA A) fallen; vgl. auch AEAO zu § 26 Nr. 3).
Die Personensteuerakten (ohne Bilanzakten) sind jeweils unverzüglich an das neue Wohnsitzfinanzamt abzugeben (ebenso bei Tz. 3, Beispiel 1 und Tz. 4 Beispiel 2). Für Betriebssteuern bleibt in Fallvariante 1 und 2 grundsätzlich das Betriebsfinanzamt zuständig, auch hinsichtlich der Erhebung und etwaigen Vollstreckung (vgl. hierzu sowie zur Frage der Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO Nr. 3 AEAO zu § 26 AO).
Es ermittelt im Wege der Amtshilfe für Zwecke der Einkommensteuer die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb für die Zeit bis zur Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe (einschließlich eines etwaigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinns). Dazu übersendet das neue Wohnsitzfinanzamt ggf. die vom Steuerpflichtigen eingereichten Gewinnermittlungsverfahren an das bisherige Betriebsfinanzamt. Das Betriebsfinanzamt teilt die Höhe der gewerblichen Einkünfte dem neuen Wohnsitzfinanzamt formlos mit.
Soweit erforderlich, sind auch die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Vorjahre im Wege der Amtshilfe zu ermitteln.
Da eine gesonderte Feststellung der aus dem veräußerten oder aufgegebenen Betrieb erzielten Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO nicht zulässig ist, obliegt die Entscheidung, in welcher Höhe die Einkünfte bei der Veranlagung anzusetzen sind – unbeschadet der vom Betriebsfinanzamt zu leistenden Amtshilfe – dem neuen Wohnsitzfinanzamt. Das Betriebsfinanzamt hat deshalb ggf. dem Wohnsitzfinanzamt die Ermittlung eines von der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen abweichenden Gewinns/Verlustes zu erläutern. Das Wohnsitzfinanzamt entscheidet selbständig, ob es diese Einkünfte in den Einkommensteuerbescheid übernehmen will oder nicht; ggf. kann es noch eigene Ermittlungen vornehmen.
Zur Behandlung der Fälle, in denen am neuen Wohnort zeitnah ein neuer Betrieb gegründet wird, vgl. Karte 5 zu § 26 AO.
2. Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe ohne Wohnsitzverlegung
Beispiel:
Der Wohnsitz befindet sich im Bezirk des FA A, der Betrieb im Bezirk des FA B. Der Betrieb wird im Laufe des Jahres 03 aufgegeben.
Verfahrensrechtliche Behandlung:
Das FA B hat nicht nur für die Veranlagungszeiträume 01 und 02, sondern auch für den Veranlagungszeitraum 03 eine gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO durchzuführen, da nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums (Rumpfwirtschaftsjahr) der Wohnsitz und der Ort der Geschäftsleitung bzw. der Tätigkeitsort in dem Zuständigkeitsbereich verschiedener Finanzämter liegen.
Für die Betriebssteuern der Veranlagungszeiträume 01 bis 03 ist das FA B ebenfalls zuständig.
3. Trennung von Wohnsitz und Geschäftsleitung
Beispiel 1 (Wohnsitzverlegung):
Der Steuerpflichtige verlegt seinen Wohnsitz im Laufe des Jahres 03 in den Bezirk des FA B und behält seine gewerbliche Tätigkeit im Bezirk des bisherigen Wohnsitzfinanzamts (FA A) unverändert bei.
Verfahrensrechtliche Behandlung:
Das FA A hat für den Feststellungszeitraum 03 und für die folgenden Feststellungszeiträume gesonderte Feststellungen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO durchzuführen, weil nach den Verhältnissen zum Schluss dieser Gewinnermittlungszeiträume der Wohnsitz und der Ort der Geschäftsleitung bzw. der Tätigkeitsort in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Finanzämter fallen.
Für die Jahre 01 und 02 teilt es dem Wohnsitzfinanzamt (FA B) den Gewinn im Wege der A...