Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Entgegen der Verwaltungsauffassung ist bei einer Vermietung eines Grundstücks an einen pauschalierenden Landwirt die Option zur Umsatzsteuerpflicht ausgeschlossen. Unabhängig davon ist in Ehegattenfällen zu prüfen, ob ggf. ein Gestattungsmissbrauch vorliegt (Vorschaltmodell).
Sachverhalt
Die Klägerin ist praktische Ärztin, ihr Ehemann Landwirt, der seine Umsätze gemäß § 24 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert. Ab 1.7.2006 mietete die Ehefrau von ihrem Ehemann eine Grundstücksteilfläche zum Zweck der Bebauung mit einem Gebäude für ihren Mann. Ab 2007 vermietete sie das Gebäude, das speziell für die Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Betriebs des Ehemanns errichtet worden war. Das Gebäude ist ausschließlich vom Innenhof des landwirtschaftlichen Betriebs her befahr- und begehbar. Der Bauantrag sowie der Eingabeplan für das Bauprojekt waren im Jahr 2004 im Namen des Ehemannes eingereicht worden. Start der Bebauung war im Mai 2006, am 4.6.2006 bat der Ehemann das Bauamt, die Baugenehmigung auf den Namen seiner Ehefrau umzuschreiben. Diese finanzierte und bezahlte fortan die Baukosten. In ihrer Umsatzsteuererklärung optierte sie für die Vermietung an ihren Ehemann zur Umsatzsteuerpflicht und machte Vorsteuern aus der Errichtung des Objekts geltend. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Errichtung des landwirtschaftlichen Nebengebäudes als Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO zu beurteilen sei und versagte daraufhin den Vorsteuerabzug. Dementsprechend wurde die Umsatzsteuer auf 0 Euro festgesetzt.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts ist bei der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an einen Landwirt, der seine Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG versteuert, die Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Die teilweise in Literatur und Rechtsprechung vertretene gegenteilige Auffassung widerspricht der Intention des § 9 Abs. 2 UStG, weil damit Vorschaltmodelle, in denen sowohl die pauschalierten Vorsteuern beim Landwirt, als auch die tatsächlichen Vorsteuern aus Investitionsumsätzen bei dem vorgeschalteten Vermieter abzugsfähig sind, weiterhin möglich wären.
Aber selbst wenn der Vorsteuerabzug im Rahmen der hier streitigen Gestaltung nicht schon gemäß § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen sein sollte, ist die Nutzungsüberlassung des von der Klägerin errichteten Gebäudes an ihren Ehemann zumindest gemäß § 42 AO als missbräuchliche Gestaltung umsatzsteuerrechtlich nicht anzuerkennen. Nach Ansicht des Gerichts liegt hier eine künstliche Gestaltung vor, da die Klägerin zunächst einen Grundstücksteil von ihrem Ehemann angemietet, um diesen dann nach dessen Vorgaben mit einem landwirtschaftlichen Nebengebäude zu bebauen, und um das Gebäude, das bereits im Eigentum des Ehemannes stand, im Anschluss daran an ihren Ehemann zurück zu vermieten. Die Klägerin selbst kann das bebaute Grundstück, das sich auf dem Hof ihres Ehemannes befindet, weder für eigene gewerbliche Zwecke nutzen noch kann sie es - mangels Geh- und Fahrtrechten an dem umgebenden Grundstück - zum Beispiel an einen Dritten ohne Einwilligung ihres Ehemannes zur Nutzung überlassen.
Hinweis
Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist die Option bei der Grundstücksvermietung an einen pauschalierenden Landwirt grundsätzlich zulässig (vgl. Abschn. 9.2 Abs. 2 Satz 1 UStG). Darauf kann man sich allerdings offenbar dann nicht verlassen, wenn die Gestaltung in die Nähe eines sog. Vorschaltmodells gerückt wird, was natürlich insbesondere bei Vermietungen unter Ehegatten möglich ist. Im Streitfall kam erschwerend hinzu, dass der Bauantrag zunächst vom später anmietenden Ehemann gestellt worden war, die Baugenehmigung erst danach auf die Ehefrau umgeschrieben wurde und im Zeitpunkt des Beginns der Bebauung die maßgebende Grundstücksteilfläche noch gar nicht an die Ehefrau vermietet worden war. Außerdem hatte die Ehefrau offenbar keinerlei Nebenkosten für das Objekt zu tragen.
Auch wenn das Gericht vorliegend die Möglichkeit der Option nach § 9 Abs. 2 UStG bejaht und einen Gestaltungsmissbrauch ausgeschlossen hätte, bestünde ein weiterer Risikofaktor für die gewählte Gestaltung (vgl. Urteilsbegründung): Es blieb nämlich dahingestellt, ob die Vermietung der Klägerin an ihren Ehemann nicht schon deshalb ins Leere läuft, weil der Ehemann mit dem Bau als Grundstückseigentümer nicht nur das Eigentum an dem landwirtschaftlichen Nebengebäude, sondern auch - unabhängig von der angeblichen Vermietung - von der Klägerin faktisch sogleich die Verfügungsmacht übertragen bekommen hat. Vorliegend war offenbar nicht erkennbar, dass die Klägerin die Lasten des bebauten Grundstücks getragen hat. Sollte also zuvor bereits die Verfügungsmacht beim Ehemann gelegen haben, besteht für die Annahme einer Vermietung an ihn kein Raum mehr.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 05.04.2016, 2 K 1767/13