Ende 2018 hat der BFH – in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB (hierzu gehören auch Ehegattengemeinschaften) mangels zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sein kann. Diese Rechtsprechung hat der BFH nachfolgend bekräftigt. Nach dieser nochmals geänderten BFH-Rechtsprechung liegen bei Bruchteilsgemeinschaften zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig erbrachte Lieferungen und sonstige Leistungen vor (Ausgangsseite). Diese Beurteilung wirkt sich auch auf den Vorsteuerabzug aus (Eingangsseite), weil nicht die Bruchteilsgemeinschaft selbst, sondern lediglich der einzelne Gemeinschafter als Leistungsempfänger vorsteuerabzugsberechtigt sein kann. Der BFH geht nunmehr davon aus, dass bei gemeinsamer Auftragsvergabe durch eine Bruchteilsgemeinschaft (z. B. eine Ehegattengemeinschaft) die Gemeinschafter stets anteilig Leistungsempfänger der der Bruchteilsgemeinschaft in Rechnung gestellten Leistungen geworden sind. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung galt dies nur, wenn die Bruchteilsgemeinschaft selbst keine Umsätze ausführte.
Die neue BFH-Rechtsprechung hat erhebliche Auswirkungen insbesondere auf den Vorsteuerabzug von Ehegatten, denen gemeinsam ein bebautes Grundstück gehört oder die auf einem ihnen gemeinsam gehörenden unbebauten Grundstück ein Gebäude errichten, welches ganz oder teilweise unternehmerisch genutzt wird. Die Verwaltung hat die neue BFH-Rechtsprechung nicht im BStBl II veröffentlicht. Damit durften die Finanzämter diese neue BFH-Rechtsprechung nicht anwenden. Vielmehr sind die Finanzämter an die Anweisungen im UStAE gebunden. In der Literatur ist das BFH-Urteil vom 22.11.2018 teilweise auf heftige Kritik gestoßen. Stimmen in der Literatur forderten das BMF auf, das BFH-Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Auch von Seiten der Steuerberaterschaft wurde das Urteil als praxisfremd kritisiert und gefordert, es nicht allgemein anzuwenden, sondern die bisherige Rechtslage hinsichtlich der Bruchteilsgemeinschaften gesetzlich abzusichern.
Nicht von der neuen BFH-Rechtsprechung betroffen sind Eheleute, die ihre Grundstücksgeschäfte im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausüben (sog. BGB-Gesellschaft i. S. d. §§ 705 ff. BGB). Es war in der Vergangenheit und ist auch weiterhin unbestritten, dass eine GbR – auch wenn sie zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist – umsatzsteuerrechtlich sowohl Umsätze ausführen als auch in ihrer Eigenschaft als GbR den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann. Durch Gesetz v. 10.8.2021 hat der Gesetzgeber m. W. v. 1.1.2024 klargestellt, dass eine GbR zivilrechtlich rechtsfähig sein kann. Dagegen werden Bruchteilsgemeinschaften, Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften auch nach der Gesetzesänderung weiterhin als nicht rechtsfähige Personengemeinschaften beurteilt.