Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Pharmazeutische Unternehmen bzw. Apotheken sind verpflichtet, an die gesetzlichen und die privaten Krankenkassen Rabatte für die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente zu gewähren.
Entscheidend für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Zahlungen durch die pharmazeutischen Unternehmen ist, inwieweit der Zahlungsempfänger in die Leistungskette mit eingebunden ist. Dabei ist zwischen der Gewährung der Rabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen und gegenüber den privaten Krankenversicherungen zu unterscheiden.
Rabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen
Nach § 130a SGB V erhalten die gesetzlichen Krankenversicherungen von den Apotheken einen Abschlag vom Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens. Die pharmazeutischen Unternehmen erstatten den Apotheken oder den Zwischenhändlern den Abschlag.
Die Gewährung der Abschläge erfolgt in der Leistungskette, sodass die Auszahlung der Abschläge bei dem pharmazeutischen Unternehmer zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG führt. Ebenfalls haben die Apotheken nur das der Besteuerung zu unterwerfen, was sie von den gesetzlichen Krankenversicherungen (ggf. zzgl. der Zuzahlung durch den Patienten) erhalten.
Nach dem in § 2 Abs. 2 SGB V verankerten Sach- und Dienstleistungsprinzip gilt bei der Abgabe der Medikamente an gesetzlich versicherte Patienten die gesetzliche Krankenversicherung als der Abnehmer.
Rabatte gegenüber den privaten Krankenversicherungen
Bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten an die Versicherten privater Krankenversicherungen sind die pharmazeutischen Unternehmer verpflichtet, entsprechende Abschläge zu gewähren. Die Geltendmachung der Abschläge erfolgt durch die Zentrale Stelle zur Abrechnung von Arzneimittelrabatten (ZESAR). Da die privaten Krankenkassen nicht als Leistungsempfänger bei der Abgabe der verschreibungspflichtigen Medikamente anzusehen sind, erfolgt die Gewährung der Abschläge außerhalb der umsatzsteuerrechtlichen Leistungskette und kann deshalb bei den pharmazeutischen Unternehmen nicht als Minderung der Bemessungsgrundlage für die Abgabe der Medikamente angesehen werden. Die Finanzverwaltung ergänzt aufgrund dieser Rechtsauffassung Abschn. 10.3 Abs. 7 UStAE um einen Hinweis, dass in diesen Fällen keine Entgeltminderung vorliegt.
Beim Verkauf der Medikamente an Versicherte privater Krankenkassen wird die Leistung an den Patienten erbracht. Ob und inwieweit ihm ein Erstattungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zusteht, ist für die Beurteilung des Leistungsaustauschs unbeachtlich.
Konsequenzen für die Praxis
Die Grundsätze gelten in allen noch offenen Sachverhalten.
Die Schlussfolgerung der Finanzverwaltung bei den nach § 130a SGB V gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen gewährten Rabatten ist folgerichtig, da die Gewährung der Rabatte in der Leistungskette pharmazeutischer Unternehmer – Apotheke – gesetzliche Krankenversicherung erfolgt.
Im Ergebnis unbefriedigend bleibt die Lösung bei den Abschlägen, die gegenüber den privaten Krankenkassen gewährt werden. Zwar ist die private Krankenkasse – anders als bei den gesetzlichen Krankenkassen – nicht in die Leistungskette eingebunden, es vermag aber nicht zu überzeugen, dass sich der Staat über die Umsatzsteuer zusätzlich an den Krankheitskosten bereichern möchte. Im Ergebnis erhält der Staat damit mehr Umsatzsteuer, als tatsächlich in den Beträgen enthalten ist, die wirtschaftlich für die Medikamente aufgewendet worden sind.
Hinweis
In dem hier vorliegenden Fall wird auch kein positives Ergebnis aus den Urteilen des EuGH zu den Rabattzahlungen außerhalb der Leistungskette abzuleiten sein, da in den Verfahren immer eine Erstattung an einen Beteiligten der Leistungskette erfolgte.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 14.11.2012, IV D 2 – S 7200/08/10005, BStBl 2012 I S. 1170