Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Feißt
2.1 Selbstständigkeit
Bei der Selbstständigkeit ist zu unterscheiden zwischen der persönlichen Selbstständigkeit und der sachlichen Selbstständigkeit:
2.1.1 Persönliche Selbstständigkeit
Erforderlich ist eine Betätigung auf
- eigene Rechnung (sog. Unternehmerrisiko)
- eigene Verantwortung (sog. Unternehmerinitiative).
Abgrenzungsprobleme entstehen hier vor allem zur Einkunftsart nichtselbstständige Tätigkeit nach § 19 EStG. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist das Gesamtbild der Tätigkeit. Vertragliche Vereinbarungen, Art der Entlohnung oder die Art der Tätigkeit spielen dabei eine Rolle.
2.1.2 Sachliche Selbstständigkeit
Da die Gewerbesteuer eine Objektsteuer ist, muss im Gegensatz zur Einkommensteuer bei mehreren Betrieben auch darauf geachtet werden, inwieweit die einzelnen Betriebe selbstständig sind oder ob es sich lediglich um einzelne Betriebsstätten eines Gewerbebetriebs handelt.
Unterscheidungsgrundsätze
Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe verschiedener Art, ist von jeweils selbstständigen Betrieben auszugehen.
Mehrere Betriebe
Der Inhaber eines Schuhgeschäfts betreibt in einer Nachbargemeinde noch einen Handel mit Gebrauchtwagen. Jeder Betrieb verfügt über eigenes Personal. In diesem Fall ist von zwei Gewerbebetrieben auszugehen.
Ausnahmen können in Einzelfällen bei enger finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Verflechtung vorliegen. Maßgebend ist in erster Linie die Verkehrsanschauung. Es sind dabei die gleichen Grundsätze anzuwenden wie beim Bewertungsgesetz.
Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe der gleichen Art, spricht die Vermutung für einen Betrieb. Dies gilt vor allem, wenn die einzelnen Betriebe in einer politischen Gemeinde liegen. Auch in diesem Fall sind die gleichen Grundsätze anzuwenden wie beim Bewertungsgesetz.
Filialbetriebe
Der Inhaber eines Schuhgeschäfts eröffnet zwei weitere Filialen im Stadtgebiet. Bei reinen Filialbetrieben ist auf jeden Fall von einem Gewerbebetrieb auszugehen. Es ist dabei nicht zwingend erforderlich, dass die Filialen in einer politischen Gemeinde liegen.
Gleichartigkeit ist bei einem sachlichen, insbesondere wirtschaftlichen, organisatorischen oder finanziellen Zusammenhang vorhanden. Entscheidend für die Annahme eines oder mehrerer Gewerbebetriebe sind die Verkehrsanschauung sowie das Gesamtbild.
Bei Personengesellschaften bilden auch verschiedene Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Umgekehrt liegt bei verschiedenen Personengesellschaften keine Einheit vor, auch wenn die gleichen Personen beteiligt sind.
Einheitlicher Gewerbebetrieb bei Personengesellschaft
Die A+B OHG betreibt einen Baustoffhandel und ein Sägewerk. Die Betriebsergebnisse werden getrennt ermittelt und lediglich zu einer Gesamtbilanz zusammengefasst.
Trotz der Eigenständigkeit der Betriebsteile liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor.
2.2 Nachhaltigkeit
Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie von der Absicht getragen wird, sie zu wiederholen und daraus eine Erwerbsquelle zu machen. Ist die Absicht erkennbar, kann schon eine einmalige Tätigkeit nachhaltig sein. An der Wiederholungsabsicht fehlt es, wenn der Tätige über die Fortsetzung noch unentschlossen ist. Die Nachhaltigkeit ist eine innere Tatsache, die jedoch an äußeren Merkmalen zu beurteilen ist. In der Praxis ergibt sich i. d. R. eine enge Verknüpfung der Nachhaltigkeit mit dem Überschreiten des Rahmens privater Vermögensverwaltung. Ist der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten, liegt meist auch eine nachhaltige Tätigkeit vor.
Abgrenzung bei privater Vermögensverwaltung
Steuerpflichtiger S baut auf einem Grundstück sechs Eigentumswohnungen. Die Eigentumswohnungen veräußert er an verschiedene Erwerber zu verschiedenen Zeitpunkten.
Die Tätigkeit ist nachhaltig und zugleich ist auch der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten (gewerblicher Grundstückshandel).
Auch nur saisonale Öffnungszeiten stehen der Annahme der Nachhaltigkeit nicht entgegen.
Saisonbetrieb
Steuerpflichtiger S betreibt eine Eisdiele. Die Öffnungszeiten beschränken sich auf die Monate April bis Oktober. Die übrigen Monate steht das Ladenlokal leer.
Trotz der längeren Schließzeiten liegt bei der Eisdiele eine nachhaltige Tätigkeit vor.
2.3 Gewinnerzielungsabsicht
Gewinnerzielung ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Form eines Totalgewinns. Wenn tatsächlich Gewinne erzielt werden, kann das als Indiz für die Absicht der Gewinnerzielung dienen. Es genügt jedoch die Absicht der Gewinnerzielung. Demnach kann auch im Verlustfall eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben sein, wenn die Verluste auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sind.
Gewinnerzielungsabsicht trotz Verlust
Steuerpflichtiger S baut auf einem Grundstück acht Eigentumswohnungen. Die Kalkulation des Bauvorhabens weist ein positives Ergebnis aus. In der Bauphase steigen die Baukosten unerwartet stark an und S gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Die Eigentumswohnungen werden zwangsversteigert. Dadurch entsteht ein Verlust.
Hier kann trotz des Verlusts von einer Gewinnerzielungs...