3.2.1 Berechnungsformel
Im einführenden Beispiel des Einzelunternehmers konnte auf die gesonderte Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags verzichtet werden, da die Einkommensteuer auf einer einzigen Einkunftsquelle, dem gewerblichen Einzelunternehmen, beruhte. Sind jedoch (positive und negative) Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsquellen vorhanden, muss der Ermäßigungshöchstbetrag nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG nach folgender Formel ermittelt werden:
Summe der positiven gewerblichen Einkünfte |
× |
geminderte tarifliche Steuer nach § 35 Abs. 1 Satz 4 EStG |
= |
Ermäßigungshöchstbetrag |
Summe aller positiven Einkünfte |
Was unter "Summe der positiven gewerblichen Einkünfte" bzw. "Summe aller positiven Einkünfte" zu verstehen ist, war lange Zeit aufgrund unterschiedlicher Auffassungen, ob und in welchem Umfang ein horizontaler bzw. vertikaler Verlustausgleich zu erfolgen hat, strittig, bis der BFH für Klarheit gesorgt und die Finanzverwaltung sich dem letztlich angeschlossen hat. Danach gelten folgende Grundsätze:
- Innerhalb einer Einkunftsart sind positive und negative Einkünfte aus verschiedenen Quellen miteinander zu verrechnen (horizontaler Verlustausgleich). Ein darüber hinausgehender vertikaler Verlustausgleich erfolgt nicht.
- In der Summe negative Einkünfte aus einer Einkunftsart gehen weder in die "Summe der positiven gewerblichen Einkünfte" noch in die "Summe aller positiven Einkünfte" ein.
- Im Zähler sind lediglich gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 35 EStG zu berücksichtigen, in den Nenner sind dagegen alle gewerblichen Einkünfte einzubeziehen, auch wenn sie – wie etwa Veräußerungsgewinne – nicht gewerbesteuerpflichtig sind.
- Positive Einkünfte eines Ehegatten aus einer Einkunftsart dürfen nicht mit negativen Einkünften des anderen Ehegatten aus der gleichen Einkunftsart verrechnet werden.
Ermäßigungshöchstbetrag bei Ehegatten
Ein zusammenveranlagtes Ehepaar erzielt folgende Einkünfte
Einkunftsart |
Ehemann |
Ehefrau |
Gewerbebetrieb |
110.000 EUR |
|
Gewerbebetrieb |
./. 10.000 EUR |
./. 10.000 EUR |
Selbstständige Arbeit |
60.000 EUR |
|
Vermietung |
./. 50.000 EUR |
./. 50.000 EUR |
Summe der Einkünfte |
110.000 EUR |
./. 60.000 EUR |
Hieraus resultiert folgender Ermäßigungshöchstbetrag:
100.000 EUR |
× |
geminderte tarifliche Steuer |
= |
Ermäßigungshöchstbetrag |
160.000 EUR |
3.2.2 Abgrenzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Gewerbliche Einkünfte im Sinne der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags sind nach § 35 Abs. 1 Satz 3 EStG die der Gewerbesteuer unterliegenden Gewinne und Gewinnanteile, soweit sie nicht nach anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ausgenommen sind. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber die Diskussion über den sachlichen Umfang der gewerblichen Einkünfte beenden, was ihm jedoch nicht gelungen ist, da nach wie vor strittig ist, ob die gewerblichen Einkünfte konkret mit Gewerbesteuer vorbelastet sein müssen.
Ausdrücklich nach anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung ausgenommen sind der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG unterliegende Gewinne sowie Veräußerungsgewinne nach § 18 Abs. 3 UmwStG. Ebenfalls grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 35 EStG fallen Veräußerungsgewinne nach den §§ 16 und 17 EStG.
Von diesem Grundsatz ausgenommen sind jedoch
- Gewinne aus der Veräußerung von 100 %igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, sofern sie nicht in Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe stehen und deshalb der Gewerbesteuer unterliegen;
- Gewinne aus der Veräußerung von Teilen von Mitunternehmeranteilen;
- gewerbesteuerpflichtige Veräußerungsgewinne nach § 7 Satz 2 GewStG; dies gilt auch insoweit, als darin Gewinne nach § 18 Abs. 3 UmwStG enthalten sind.
Gewinne, für die die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen wurde, sind im Veranlagungszeitraum der begünstigten Besteuerung ebenfalls den gewerblichen Einkünften zuzurechnen. Im Veranlagungszeitraum der Nachversteuerung
- rechnet der Nachversteuerungsbetrag dagegen nicht zu den gewerblichen Einkünften,
- rechnet die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag zur tariflichen Einkommensteuer i. S. d. § 35 EStG.
Nach § 3 GewStG steuerbefreite Einkünfte sind nach Auffassung der Finanzverwaltung, die auf gewerbesteuerpflichtige Einkünfte abstellt, nicht in die "Summe der gewerblichen Einkünfte" einzubeziehen. Offen bleibt jedoch, ob Einkunftsteile, die nach § 9 GewStG als Kürzungen aus dem Gewerbeertrag auszuscheiden sind, zu den "gewerblichen Einkünften" rechnen oder nicht. Zwar kann die Einbeziehung derartiger Einkünfte nicht mehr zu einer Überkompensation führen. Sie eignen sich aber unverändert dazu, den Anteil der positiven gewerblichen Einkünfte an der Summe aller positiven Einkünfte zu erhöhen.
Relevant ist diese Frage insbesondere für Besitzgesellschaften im Rahmen von Betriebsaufspaltungen, bei denen Gewinnausschüttungen zu den gewerbl...