Leitsatz
1. Geht das Vermögen einer zweigliedrigen Personengesellschaft beim Ausscheiden eines der beiden Gesellschafter auf den verbleibenden Gesellschafter über, so sind für das Jahr des Formwechsels zwei Gewerbesteuermessbescheide, jeweils für die Zeit vor und nach dem Wechsel zu erlassen (Anschluss an Abschn. 35 Abs. 1 Sätze 3 und 4 GewStR).
2. In einem solchen Fall ist eine Prüfungsanordnung, die an die erloschene Personengesellschaft adressiert ist, nicht infolge Unbestimmtheit nichtig, wenn der das Geschäft als Einzelunternehmer fortführende Gesellschafter weiterhin unter der Firma der Gesellschaft auftritt und (andererseits) beim FA darauf hinweist, dass das Unternehmen ab dem Zeitpunkt des Formwechsels eine "Scheingesellschaft" darstellt.
Normenkette
§ 119 Abs. 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 171 Abs. 4, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO, § 5 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin war Komplementärin einer KG gewesen, von deren einzigem Kommanditisten sie im Jahr 1992 dessen Kommanditanteil unentgeltlich erworben hatte. Obwohl die KG dadurch untergegangen war, blieb sie weiter im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin trat weiter unter der Firma der KG auf und gab auch unter deren Namen GewSt-Erklärungen ab.
Das FA erließ GewSt-Messbescheide 1991 bis 1993 an die Klägerin "als Empfangsbevollmächtigte für die ... KG". Nach einer Außenprüfung, deren Prüfungsanordnung sich an die KG gerichtet hatte, ergingen Änderungsbescheide mit unveränderter Angabe des Adressaten, die in einem anschließenden Klageverfahren vom FA wegen fehlerhafter Adressierung aufgehoben wurden. Daraufhin ergingen die jetzt streitigen geänderten GewSt-Messbescheide, die auf § 35b GewStG gestützt und an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der KG gerichtet waren.
Mit der Klage berief sich die Klägerin auf den Ablauf der Festsetzungsfrist. Die Prüfung habe nicht zur Hemmung der Frist geführt, weil die Prüfungsanordnung wegen fehlerhafter Adressierung unwirksam gewesen sei. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision nur in Bezug auf das Jahr 1992 statt. Für dieses Jahr hätten zwei GewSt-Messbescheide und zwei Prüfungsanordnungen ergehen müssen. Die Bescheide für 1991 und 1993 seien rechtmäßig. Die Festsetzungsfrist sei durch die Prüfungsanordnung gehemmt worden. Weil die Klägerin weiter unter der Firma der KG aufgetreten sei, habe sie die mehrdeutig adressierte Prüfungsanordnung dahin verstehen können, dass die Prüfung bis zum Formwechsel die KG, anschließend aber sie selbst betreffen sollte. Der GewSt-Messbescheid 1993 sei ebenfalls falsch adressiert. Durch Auslegung könne aber auch die Klägerin als richtige Adressatin dieses Bescheids ermittelt werden.
Hinweis
1. Eine zweigliedrige Personengesellschaft erlischt ohne weiteres, wenn einer der Gesellschafter ausscheidet. Der verbliebene Gesellschafter wird dann Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft. Gewerbesteuerlich führt das in Bezug auf den verbliebenen Gesellschafter zwar nicht zu einem Unternehmerwechsel i.S.d. § 2 Abs. 5 GewStG, so dass der auf ihn entfallende Verlustvortrag weiter nach § 10a GewStG geltend gemacht werden kann. Jedoch kann die Gesellschaft nach ihrem Erlöschen nicht mehr Steuerschuldner i.S.d. § 5 GewStG sein. Steuerschuldner ist anschließend der verbliebene Gesellschafter. Deshalb müssen für das Jahr, in dem die Gesellschaft erloschen ist, zwei GewSt-Messbescheide ergehen. Dies war bisher bereits h.M. und wird mit dem Besprechungsurteil ausdrücklich bestätigt.
2. Im Übrigen beschäftigt sich das Urteil mit der Auslegung einer mehrdeutigen Adressierung. Ein Steuerverwaltungsakt ist grundsätzlich nichtig, wenn er sich an eine nicht existierende Person richtet. Das gilt nach dem hiesigen Urteil aber nicht, wenn die inhaltlich von dem Verwaltungsakt betroffene Person unter dem Namen der nicht existierenden Person auftritt. Sie selbst kann dann erkennen, dass sich der Verwaltungsakt an sie richten soll.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.10.2005, IV R 55/04