Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
1. Ob ein im Vergleich zu einem Katalogberuf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnlicher Beruf vorliegt, bestimmt sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen und nicht nach den im Zusammenhang mit der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 14 UStG entwickelten Maßstäben.
2. Eine im Wesentlichen auf die Planung, Durchführung und Evaluation klinischer Studien ausgerichtete Tätigkeit einer Fachkrankenschwester ist der eines Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten nicht ähnlich. Sie ist weder therapeutischer Natur noch weist sie einen hinreichend konkreten, unmittelbaren Zusammenhang zu einer Heilbehandlungstätigkeit auf.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 1 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist examinierte Kranken- und Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin. Sie erzielte im Streitjahr Einkünfte im Bereich der Planung, Durchführung und Evaluation von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten. Dies umfasste auch die Schulung, Überwachung und klinische Unterstützung der Anwender beim Einsatz der Produkte. Im Jahr 2012 schloss sie ein berufsbegleitendes Universitätsstudium im Ausbildungsbereich "Clinical Research" mit dem akademischen Grad eines Master of Science ab.
Das FA sah die Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2009 als gewerblich an und erließ einen Gewerbesteuermessbescheid.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt (FG Münster, Urteil vom 29.4.2014, 2 K 3993/12 G, Haufe-Index 6990502, EFG 2014, 1389). Es war der Auffassung, dass die Klägerin eine dem Katalogberuf des Heilpraktikers oder Krankengymnasten ähnliche Tätigkeit ausgeübt habe.
Entscheidung
Auf die Revision des FA hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
1. Die Klägerin übte entgegen der Auffassung des FG keinen freien Beruf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Eine wissenschaftliche Tätigkeit erfordert, dass wissenschaftliche Kenntnisse und Methoden im Rahmen einer schöpferischen oder forschenden Tätigkeit angewandt werden. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin war selbst nicht forschend und damit wissenschaftlich tätig, auch wenn ihre Arbeit der klinischen Forschung diente.
2. Die Tätigkeit der Klägerin war auch keinem Katalogberuf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStGähnlich. In Bezug auf die Tätigkeit eines Heilpraktikers fehlt es bereits an der Überwachung der Tätigkeit der Klägerin durch die Gesundheitsämter. Die Tätigkeit war auch nicht der eines Krankengymnasten/Physiotherapeuten ähnlich. Erforderlich hierfür wäre eine Tätigkeit therapeutischer Natur. Die Klägerin therapierte jedoch keine Patienten, sondern sorgte für einen erfolgreichen Verlauf klinischer Studien. Es fehlte danach an einem konkreten Bezug zu einer Heilbehandlung. Die Tätigkeit war auch nicht der einer (Fach-)Krankenschwester ähnlich.
Die Klägerin erzielte danach gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, da ihre Betätigung nicht als Ausübung eines freien Berufs anzusehen war.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.4.2017 – VIII R 24/14