Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Werden Grundstücke mehr als 5 Jahre nach dem Erwerb veräußert, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob diese Grundstücke für die Frage des gewerblichen Grundstückshandels mitzuzählen sind. Das FG Münster hat in einem Einzelfall die Auffassung vertreten, der Verkauf von 3 Wohnungen einer Wohnanlage 6 ½ Jahre nach dem Erwerb lasse nicht auf eine von Anfang an bestehende, bedingte Veräußerungsabsicht schließen. Ein gewerblicher Grundstückshandel liege dagegen bei den Wohnungen einer anderen Wohnanlage vor, bei der der Kläger 3 Wohnungen innerhalb der Fünfjahresfrist und 2 weitere kurz nach Ablauf der Fünfjahresfrist veräußert hatte.
Sachverhalt
Der Kläger hatte 1984 11 Eigentumswohnungen in einer Wohnanlage und 3 Jahre später 15 Eigentumswohnungen einer anderen Wohnanlage erworben. Sämtliche Käufe hat er zu 100 % mit Kredit finanziert. Von den Wohnungen der ersten Wohnanlage hat er lediglich 3 veräußert, und zwar 6 ½ Jahre nach dem Erwerb. Von den Wohnungen der zweiten Wohnanlage wurden insgesamt 5 verkauft, davon 3 innerhalb der Fünfjahresfrist, die vierte und fünfte 7 bzw. 9 Monate nach Ablauf der Fünfjahresfrist. Als Grund für die Veräußerung hat der Kläger auf bestehende Finanzierungsprobleme hingewiesen. Die Umschichtung des Grundbesitzes habe er zur Erzielung höherer Erträge vorgenommen.
Entscheidung
Das FG hat entgegen der Auffassung des Finanzamts und entgegen der Auffassung des Klägers angenommen, ein gewerblicher Grundstückshandel sei zwar bei der Veräußerung der Wohnungen aus der zweiten Wohnanlage anzunehmen, nicht aber bei dem Verkauf der 3 Wohnungen aus der ersten Wohnanlage. Diese 3 Verkäufe lagen sämtlich außerhalb der Fünfjahresfrist. Für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels müssten dann zusätzliche Indizien gegeben sein. Welche Fristüberschreitung noch als geringfügig anzusehen sei, richte sich nach der Gewichtigkeit dieser Indizien. Bei diesen Verkäufen erfülle der Kläger nicht das nach der Rechtsprechung des Großen Senats maßgebliche "typische Bild des Gewerbetreibenden". Der Kläger habe zwar aus früherer Tätigkeit besondere Kenntnisse über die Wohnungen dieser ersten Wohnanlage besessen. Entgegen dem Hinweis, den der BFH in einem früheren Verfahrensgang gegeben habe, lasse dieses "Insiderwissen" des Klägers aber nicht auf eine bedingte Veräußerungsabsicht schließen. Bei den Verkäufen der zweiten Wohnanlage sei eine bedingte Veräußerungsabsicht anzunehmen, weil 3 Wohnungen innerhalb der Fünfjahresfrist veräußert wurden und der Kläger eingeräumt hatte, mit dem Verkauf der beiden weiteren Wohnungen gezielt das Ende der Fünfjahresfrist abgewartet zu haben. Die Fremdfinanzierung des Erwerbs liefere ein starkes Indiz für eine bedingte Veräußerungsabsicht. Der Hinweis auf Finanzierungsschwierigkeiten könne dies nicht widerlegen.
Hinweis
Nachdem das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen hat, wird der Fall voraussichtlich den BFH ein weiteres Mal beschäftigen. Damit werden die Richter Gelegenheit haben, die Bedeutung verschiedener Indizien für die Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht genauer zu präzisieren. Das gilt insbesondere für die Tatsache der 100%igen Fremdfinanzierung, vor allem in Verbindung mit einer hohen Zahl erworbener Grundstücke. Daneben kann man sich vom BFH weitere Klarstellungen zur Bedeutung von Verkäufen nach Ablauf von 5 Jahren, aber vor Ablauf von 10 Jahren erhoffen. Schließlich wirft der Urteilsfall die - vom FG leider nicht angesprochene - Problematik auf, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen es möglich ist, bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels (zweite Wohnanlage) andere Wohnungen dem Privatvermögen zuzurechnen, obwohl der Steuerpflichtige nicht von Anfang an eine klare Trennung des privaten und des gewerblichen Vermögens vorgenommen hat und er auch aus dem Bereich des angeblichen Privatvermögens 3 Wohnungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb veräußert hat.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 11.02.2003, 15 K 5341/00 G