Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
3.1 Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
Rz. 33
Die GoB gelten gemäß § 243 Abs. 1 HGB auch für die GuV-Rechnung, da diese nach § 242 Abs. 3 HGB bei allen Kaufleuten Bestandteil des Jahresabschlusses ist. Obwohl sie sich vorwiegend an die Bilanz richten, können insbesondere die folgenden (auch teilkodifizierten) Grundsätze auch für die GuV-Rechnung von Bedeutung sein:
- Der Grundsatz zeitgerechter Aufstellung (s. auch § 243 Abs. 3 HGB), d. h. Aufstellung der GuV-Rechnung innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit, der für Kapitalgesellschaften (bzw. Kapitalgesellschaften & Co.) in § 264 Abs. 1 Sätze 3, 4 HGB präzisiert wird;
- das Stichtagsprinzip (siehe auch § 242 Abs. 1 HGB), d. h., dass Schluss und Anfang des Geschäftsjahres die Aufwendungen und Erträge zeitlich abgrenzen;
- das Periodisierungsprinzip, insbesondere die Abgrenzung der Sache und der Zeit nach (siehe auch § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB), wonach es für Aufwendungen und Erträge nicht auf die Zahlungszeitpunkte ankommt;
- das Erhellungsprinzip (siehe auch § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbsatz HGB), wonach es für die Berücksichtigung von Informationen über Ereignisse des Geschäftsjahres auf den Informationsstand bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses ankommt;
- das Nominalwert-, Anschaffungs- und Herstellungskostenprinzip (§§ 253 Abs. 1, 255 Abs. 1, 2 und 2a HGB);
- das Fortführungsprinzip (siehe auch § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), wonach – bei fehlenden Anhaltspunkten für eine Beendigung der Unternehmenstätigkeit – von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist;
- das Klarheits- und Übersichtlichkeitsprinzip (siehe auch § 243 Abs. 2 HGB);
- der Grundsatz des Einzelausweises (Saldierungsverbot, siehe auch § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB), wonach grundsätzlich Aufwendungen nicht mit Erträgen verrechnet werden dürfen;
- das Gebot der Vollständigkeit (siehe auch § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB), wonach die GuV-Rechnung sämtliche Aufwendungen und Erträge enthalten muss;
- das Gebot der Willkürfreiheit (subjektive Wahrheit), wonach die Aufnahme und Abgrenzung von Erfolgskomponenten der subjektiven Willkür des Rechnungslegenden entzogen ist;
- das Stetigkeitsgebot (siehe auch § 265 Abs. 1 HGB und Rz. 36) und
- das Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbsatz HGB) mit seinen Ausprägungen, wonach insbesondere die Antizipation von Erträgen vor deren Realisierung verboten (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB), die Antizipation aller bis zum Abschlussstichtag entstandenen vorhersehbaren Risiken und Verluste jedoch geboten ist.
3.2 Besondere Gliederungsprinzipien für Kapitalgesellschaften
Rz. 34
Für Kapitalgesellschaften (Kapitalgesellschaften & Co. sowie entsprechend auch für Genossenschaften) gelten zusätzlich die Grundsätze
Ungeachtet der Möglichkeit der Verwendung eines deutlich verkürzten GuV-Gliederungsschemas nach § 275 Abs. 5 HGB für Kleinstkapitalgesellschaften (einschließlich Kleinstkapitalgesellschaften & Co und Kleinstgenossenschaften) gilt die Generalnorm der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Ertragslage auch für diese Unternehmen. Jedoch wird – widerlegbar – vermutet, dass eine unter Berücksichtigung der Erleichterungen des § 275 Abs. 5 HGB aufgestellte GuV-Rechnung den Erfordernissen der Generalnorm entspricht.
Rz. 35
Darüber hinaus sind für Kapitalgesellschaften (Kapitalgesellschaften & Co., Genossenschaften und unter das PublG fallende Unternehmen, § 5 Abs. 1 Satz 2 PublG) die nachfolgend dargestellten Gliederungsregeln des § 265 HGB verbindlich. Ihre Verletzung kann teilweise (Rz. 37, 38, 40) als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 334 Abs. 1 Nr. 1c HGB). Für die übrigen Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften (ohne Kapitalgesellschaften & Co.) gelten diese speziellen Gliederungsgrundsätze nur soweit es sich ausnahmsweise um (kodifizierte) GoB handelt.
3.2.1 Darstellungsstetigkeit mit Abweichungsbegründung
Rz. 36
Die Darstellungsform der GuV-Rechnung ist von Jahr zu Jahr i. d. R. beizubehalten. Das Gebot der (formalen) Darstellungsstetigkeit in § 265 Abs. 1 HGB betrifft die Bezeichnung, den Inhalt und die Reihenfolge der Einzelposten sowie die Bildung von Zwischensummen sowie auch die Aufteilung zwischen der GuV-Rechnung und den anderen Bestandteilen des Jahresabschlusses (insbesondere Anhang).
Abweichungen vom Grundsatz der Darstellungsstetigkeit sind an besondere Voraussetzungen geknüpft. Das Gesetz verlangt, dass es sich um Ausnahmefälle wegen besonderer Umstände handelt, die Abweichung erforderlich und überd...