Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Prof. Dr. Hendrik Kunz
Zusammenfassung
Die Gewinnvergleichsrechnung stellt eine Erweiterung der Kostenvergleichsrechnung durch Einbeziehung von Erlösen dar. Da diese für einzelne Investitionsalternativen unterschiedlich sein können, wird anstelle der reinen Kostenbetrachtung das Entscheidungskriterium „Gewinn” benutzt. Die Erlöse zwischen den zu vergleichenden Investitionsobjekten unterscheiden sich vorrangig aus zwei Gründen:
Zum einen können sich die Investitionsalternativen in ihrer quantitativen Leistungsfähigkeit unterscheiden und deshalb bei gleichem Erlös pro Stück einen höheren Erlös pro Periode erbringen. Zum anderen können sich die Investitionsobjekte in ihrer qualitativen Leistungsfähigkeit unterscheiden. Dadurch kann unter Umständen ein unterschiedlicher Erlös pro Stück und damit auch ein entsprechend anderer Erlös pro Periode erwirtschaftet werden.
1 Durchführung des Gewinnvergleichs
Im Gegensatz zum Kostenvergleichsverfahren (Kostenvergleichsrechnung), welches lediglich die negative Erfolgskomponente betrachtet, bezieht die Gewinnvergleichsrechnung mit den Erlösen ebenfalls die positive Erfolgskomponente in die Investitionsbeurteilung mit ein. Der Beurteilungsmaßstab der Gewinnvergleichsrechnung ist die durch ein Investitionsprojekt ausgelöste Gewinnveränderung innerhalb einer Durchschnittsperiode . Der Investitionsgewinn ergibt sich als die Differenz von Erlösen und Kosten des Investitionsprojektes.
Die Gewinnvergleichsrechnung kann damit als eine Erweiterung der Kostenvergleichsrechnung angesehen werden. Während die Kostenvergleichsrechnung nur für den Vergleich mehrerer Objekte anwendbar ist, liefert die Gewinnvergleichsrechnung auch bei einer einzelnen Investition ein aussagekräftiges Ergebnis, denn eine Investition ist dann als vorteilhaft zu betrachten, wenn sie einen positiven Investitionsgewinn aufweist. Weisen zwei Investitionsprojekte identische Erlöse auf, führt die Gewinnvergleichsrechnung zwangsläufig zur gleichen Rangfolge wie die Kostenvergleichsrechnung. Bei unterschiedlichen Erlösen kann sich jedoch eine andere relative Vorteilhaftigkeit ergeben.
2 Anwendungsbeispiel
2.1 Ausgangsdaten
Anhand des nachfolgenden Beispiels soll die Gewinnvergleichsrechnung verdeutlicht werden. Einem Unternehmen liegen hierbei zwei Investitionsalternativen für eine neue Produktionsanlage mit den in Tabelle 1 dargestellten Daten vor.
Daten |
Alternative A |
Alternative B |
1. variable Betriebskosten pro ME |
2,50 EUR |
1,80 EUR |
2. fixe Betriebskosten pro Periode (ohne Abschreibungen und Zinsen) |
2.375 EUR |
4.000 EUR |
3. Erlöse pro ME |
4,80 EUR |
5,10 EUR |
4. Anschaffungskosten |
75.000 EUR |
100.000 EUR |
5. geplante Nutzungsdauer |
10 Jahre |
10 Jahre |
6. maximale Leistungsabgabe pro Periode |
10.000 |
10.000 |
6. Kalkulationszinsfuß |
10 % |
10 % |
Tab. 1: Daten des Beispielfalls
Zunächst sind die Kostenkomponenten zu bestimmen, welche sich aus den Betriebskosten und den Kapitalkosten zusammensetzen (bzgl. einer ausführlichen Erläuterung zu den einzelnen Kostenkomponenten vgl. Kostenvergleichsrechnung). Die fixen Betriebskosten sind direkt der Abbildung 1 zu entnehmen. Durch Multiplikation der variablen Betriebskosten pro ME mit der maximalen Leistungsabgabe pro Periode lassen sich ebenfalls verhältnismäßig einfach die variablen Betriebskosten bestimmen.
Die Kapitalkosten setzen sich aus den durchschnittlichen jährlichen Abschreibungen sowie den durchschnittlichen jährlichen Zinskosten zusammen. Die durchschnittlichen jährlichen Abschreibungen ermitteln sich aus dem Quotienten aus den Anschaffungskosten und der Nutzungsdauer:
Für die Berechnung der durchschnittlichen jährlichen Zinskosten wird ein diskontinuierlicher Amortisationsverlauf unterstellt:
Bezüglich der Erlöskomponente wird angenommen, dass mit der Investitionsalternative A qualitativ hochwertigere Erzeugnisse hergestellt werden können. Aus diesem Grund kann für die auf der Anlage A gefertigten Produkte im Vergleich zur Anlage B ein höherer Absatzpreis erzielt werden. Die Erlöse einer Periode berechnen sich durch Multiplikation der Erlöse pro ME mit der geplanten Absatzmenge.
2.2 Ergebnis
Tabelle 2 fasst die Kosten- und Erlöskomponenten zusammen.
|
Alternative A |
Alternative B |
Kostenkomponenten Betriebskosten |
|
|
— fixe Betriebskosten — variable Betriebskosten |
2.375 EUR 2,50 EUR × 10.000 = 25.000 EUR |
4.000 EUR 1,80 EUR × 10.000 = 18.000 EUR |
Kapitalkosten Abschreibungen pro Periode Kalkulatorische Zinsen |
7.500 EUR 4.125 EUR |
10.000 EUR 5.500 EUR |
Erlöskomponente Erlöse |
4,80 EUR × 10.000 = 48.000 EUR |
5,10 EUR × 10.000 = 51.000 EUR |
Gewinn pro Periode |
9.000 EUR |
13.500 EUR |
Gesamtgewinn |
90.000 EUR |
135.000 EUR |
Tab. 2: Ermittlung des Investitionsgewinns
Die Subtraktion der Periodenkosten von den Erlösen ergibt den durchschnittlichen Periodengewinn. Wie der Tabelle 2 entnommen werden kann, betragen die Periodengewinne bei der Anlage A 9.000 EUR (= 48.000 EUR — 39.000 EUR) und bei der Anlage B 13.500 EUR (= 51.000 EUR — 37.500 EUR). Die Investitionsalternative A ist damit dem Objekt B vorzuziehen.
Darüber hinaus lässt sich ebenfalls der Gesamtgewinn der Investitionsalternativen berechn...