Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
5.6.1 Sonderbetriebsvermögen
Rz. 65
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören zum Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft nicht nur die im Gesamthandsvermögen (Gesellschaftsvermögen) der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Vielmehr zählen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG hierzu auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft eingesetzt werden (Sonderbetriebsvermögen II).
Für die Zuordnung der Kapitalbeteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II ist erforderlich, dass ein ganz überwiegender Veranlassungszusammenhang mit der Beteiligung an der Personengesellschaft besteht. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist (erste Alternative), als auch dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird (zweite Alternative).
Ausgehend von dem Veranlassungszusammenhang als Zuordnungskriterium wertet der BFH in den vorstehend genannten Alternativen die Kapitalbeteiligung – auch wenn die weiteren Voraussetzungen für die Annahme von notwendigem Sonderbetriebsvermögen II gegeben sein sollten (wie z. B. das Erreichen einer bestimmten Beteiligungsquote des Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft) – in der Regel nicht als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur KG oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die KG einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält (zur ersten Alternative der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit). In einem solchen Fall kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass das Halten der Kapitalbeteiligung im überwiegenden Interesse der mitunternehmerischen Beteiligung erfolgt und damit überwiegend durch den Betrieb der Personengesellschaft veranlasst ist.
Verwaltet die Kapitalgesellschaft weitere Beteiligungen, unterhält sie hierdurch ebenfalls einen eigenen Geschäftsbetrieb. Daher gehört die Beteiligung des Kommanditisten an der Kapitalgesellschaft in der Regel auch dann nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihrer Tätigkeit im Interesse der Personengesellschaft oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die Personengesellschaft noch weitere Beteiligungen von nicht ganz untergeordneter Bedeutung verwaltet. Dabei ist es unerheblich, ob die Kapitalgesellschaft mit der Beteiligungsverwaltung eine originär gewerbliche Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) oder nur eine originär vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Denn die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft ist stets als gewerblich anzusehen. Ebenso ist unerheblich, ob es sich um Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder um Beteiligungen an Personengesellschaften, ggf. auch an sog. Zebra-Gesellschaften handelt. Die Tätigkeit einer "Zebra-Gesellschaft" ist zwar nicht insgesamt als gewerblich anzusehen. Hierauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, ob die Kapitalgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung besitzt. Denn wenn dies der Fall ist, hält der Kommanditist seine Kapitalbeteiligung grundsätzlich nicht im überwiegenden Interesse seiner mitunternehmerischen Beteiligung.
Im Rahmen der Einbringung nach § 24 UmwStG erfordert der Tatbestand des § 24 Abs. 1 UmwStG, dass neben dem Gesellschaftsanteil zugleich die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Anteils zählenden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens eingebracht werden.
Ob Kapitalbeteiligungen des Kommanditisten an der Kpl.-GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen sind, richtet sich im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG (wie bei § 20 UmwStG) ausschließlich nach der funktionalen Betrachtungsweise. Dies bedeutet, dass die Kapitalbeteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH nicht schon deshalb eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils ist, weil sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG ist. Maßgeblich ist vielmehr die konkrete Funktion dieser Kapitalbeteiligung für den Mitunternehmeranteil. Der Kapitalbeteiligung muss für die unmittelbare Stärkung oder Begründung der mitunternehmerischen Beteiligung ein erhebliches bzw. nachhaltiges Gewicht zukommen.
Die Thematik der den Gesellschaftern der KG gehörenden Anteile an der Komplementär-GmbH und deren Zugehörigkeit zum Sonderbetriebsvermögen II sowie die Voraussetzung als funktional wesentliche Betriebsgrundlage fasst die OFD Frankfurt in der Verfügung vom 12.12.2022 zusammen.
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