Wenn es in der Gesellschaft anfängt zu kriseln, beginnt für den Geschäftsführer der Lauf gegen die Zeit. Bis zum endgültigen Eintritt der Insolvenzreife kann er noch versuchen, die Gesellschaft mit geeigneten Sanierungsmaßnahmen vor der Pleite zu retten. Denkbar sind z. B. Forderungsverzichte oder Rangrücktritte der Gesellschafter, Patronatserklärungen, ein Schutzschirmverfahren oder – das ist seit 1.1.2021 eine ganz neue Möglichkeit – ein Restrukturierungsrahmen nach dem sog. Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).
2.1 Forderungsverzicht des/r Gesellschafter/s
Um die Bilanz zu verbessern, können ein oder auch mehrere Gesellschafter auf eine Forderung, die sie gegen die Gesellschaft haben, verzichten. Ein Forderungsverzicht wird regelmäßig verbunden mit einer Besserungszusage, deren Blick darauf gerichtet ist, dass sich die Vermögensverhältnisse der GmbH, insbesondere durch künftige Gewinne oder Liquidationserlöse verbessern.
Beim Forderungsverzicht ist die entsprechende Verbindlichkeit auszubuchen; die lösende Bedingung des Wiederauflebens der Forderung durch die "Besserung" begründet keine Bilanzierbarkeit der latenten Verbindlichkeit.
Der Forderungsverzicht kann bei der Gesellschaft einen steuerlichen Gewinn auslösen.
2.2 Rangrücktritt des/r Gesellschafter/s
Auch der Rangrücktritt ist ein probates Mittel, die Überschuldung zumindest zeitweise zu verhindern. Beim Rangrücktritt tritt der Gläubiger mit seiner Forderung freiwillig hinter alle anderen Gläubiger zurück.
Tritt der Gläubiger mit seinem Anspruch lediglich hinter diejenigen Ansprüche anderer Gesellschaftsgläubiger zurück und verlangt er erst wieder Erfüllung, sobald und soweit die Gesellschaft hierzu auf Grund zukünftiger Gewinne, eines Liquidationserlöses oder sonstigen freien Vermögens in der Lage ist, liegt ein sog. einfacher Rangrücktritt vor. Tritt er mit seiner Forderung – für die Dauer der Krise – noch einen Schritt weiter zurück und verspricht, ihre Erfüllung nicht vor, sondern nur zusammen mit den Einlagenrückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter zu verlangen, liegt ein sog. qualifizierter Rangrücktritt vor.
Nur der qualifizierte Rangrücktritt führt zu einer Nichtberücksichtigung der Forderung im Überschuldungsstatus: Aus der Drittforderung wird zu Zwecken der Überschuldungsbilanz funktionales Eigenkapital. Je nachdem wie ein Rangrücktritt im Einzelnen ausgestaltet wird, ist zu entscheiden, ob die Forderung des Gläubigers weiterhin als Verbindlichkeit zu passivieren oder ggf. steuerschädlich aufzulösen ist. Hier sollte steuerrechtlicher Rat eingeholt werden.
Die steuerrechtlichen Auswirkungen eines Rangrücktritts sind also eingehend zu prüfen. Es besteht die Gefahr, dass gem. § 5 II a EStG eine gewinnerhöhende Auflösung der Verbindlichkeit in der Steuerbilanz erfolgt. Danach sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Hier wird eine Diskussion über die Voraussetzungen, die eingehalten werden müssen, damit keine Ausbuchung des Darlehens erfolgen muss, geführt; s. BFH, Urteil v. 30.11.2011, I R 100/10, NZG 2012, 357 (Ausbuchung) und BFH, Urteil v. 15.04.2015, I R 44/14 (ggf. Neutralisierung über verdeckte Einlage, soweit die Gesellschafterforderung werthaltig war).
2.3 Patronatserklärung
Die Patronatserklärung ist, wenn sie als sog. harte Patronatserklärung ausgestaltet ist, bürgschaftsähnlich; sie bezeichnet die Erklärung eines sog. Patrons, dass er auf das Verhalten oder die wirtschaftliche Lage der patronierten Gesellschaft Einfluss nehmen wird mit dem Ziel, dadurch ihre wirtschaftliche Position, insbesondere ihre Kreditwürdigkeit zu stärken oder zu erhalten oder ihre Überlebensfähigkeit jedenfalls für gewisse Zeit sicherzustellen.
Patronatserklärungen können gegenüber Gläubigern (externe Patronatserklärung) oder gegenüber dem Patronierten selbst (interne Patronatserklärung) abgegeben werden.
Formulierungsbeispiel
"Zur Besicherung der Ansprüche des Kreditgebers verpflichtet sich die Patronin hiermit gegenüber dem Kreditgeber, sicherzustellen, dass die GmbH in der Weise geleitet und finanziell ausgestattet wird, dass sie stets in der Lage ist, allen ihren Verbindlichkeiten aufgrund des Kredits fristgemäß nachzukommen."
Patronatserklärungen sind erst zu passivieren, wenn die Gefahr einer Inanspruchnahme ernsthaft droht. Bis dahin sind sie lediglich im Anhang zum Jahresabschluss zu vermerken und zu berichten.
2.4 Sanierungschance ESUG – Schutzschirmverfahren
Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ist am 1.3.2012 in Kraft getreten. Der hiermit eingeführte § 270b InsO bietet Unternehmen seitdem mit dem sog. Schutzschirmverfahren eine Plattform für die Sanierung angeschlagener Unternehme...