Zusammenfassung

 
Begriff

Legt der einzige amtierende Geschäftsführer einer GmbH sein Amt nieder oder scheidet er durch Tod, Abberufung oder Fristablauf aus und bestellen die Gesellschafter keinen neuen Geschäftsführer, ist die GmbH "handlungsunfähig". Um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, ist das Amtsgericht berechtigt, auch ohne Gesellschafterbeschluss einen neuen Geschäftsführer, einen sog. Notgeschäftsführer, mit allen Rechten und Pflichten in das Amt zu bestellen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen finden sich in § 29 BGB und § 44 GmbHG.

1 Handlungsfähigkeit der GmbH

Die GmbH ist eine juristische Person. Sie ist rechtlich selbstständig und kann im eigenen Namen Rechte erwerben und Pflichten begründen. Die GmbH benötigt Organe, die für sie handeln. Daher muss eine GmbH neben anderen Organen, wie z. B. der Gesellschafterversammlung oder dem Aufsichtsrat, über mindestens einen Geschäftsführer verfügen. Die Gesellschafter müssen grundsätzlich dafür sorgen, dass mindestens ein Geschäftsführer bestellt ist.

2 Voraussetzungen für die Bestellung

Die Gesellschafter haben auch dann für die Handlungsfähigkeit der GmbH zu sorgen, wenn die GmbH keinen Geschäftsführer mehr hat. Diese Situation könnte z. B. eintreten, wenn der Geschäftsführer schwer erkrankt, stirbt oder ins Ausland umsiedelt. Kommen die Gesellschafter der Bestellung eines neuen Geschäftsführers nach Wegfall des alten nicht nach, kann das Gericht in dringenden Fällen diesen Mangel durch Bestellung eines Notgeschäftsführers beheben. Ein dringender Fall ist gegeben, wenn die Gesellschaftsorgane zur Bestellung eines Geschäftsführers nicht in der Lage sind und der Gesellschaft oder einem Dritten ohne Notgeschäftsführer ein Schaden entstehen würde. Auch ein Gläubiger kann, wenn gem. § 29 BGB ein dringender Fall vorliegt beantragen, dass ein Notgeschäftsführer ggf. befristet bestellt wird, damit dieser z. B. vertragliche Verpflichtungen der GmbH erfüllt, die dem Gläubiger nützen.

 
Praxis-Beispiel

Bürgschaft für die Bau GmbH

Der Gläubiger hat mit einer Bau GmbH vereinbart, dass diese als Generalunternehmerin eine Wohnanlage errichtet.[1] Zur Absicherung aller Ansprüche des Bauunternehmers auf Werklohn wegen dieses Bauvorhabens stellte der Gläubiger eine Bankbürgschaft seiner lokalen Sparkasse. Der Bau GmbH wurde die Bürgschaftsurkunde überreicht. Der Gläubiger musste bei seiner Sparkasse als Sicherheit für die Stellung der Bankbürgschaft ein Festgeldguthaben in Höhe von 200.000 EUR hinterlegen. Der letzte Geschäftsführer der Bau GmbH ist verstorben. Die Bau GmbH ist nun pleite, sie soll wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht werden. Nun beantragt die Gläubigerin die Bestellung eines Notgeschäftsführers, weil die Sparkasse die 200.000 EUR Sicherheit nicht freigibt, solange keine Entlassung aus der Bürgschaft seitens der Bau GmbH erfolgt ist. Das Amtsgericht bestellt einen Notgeschäftsführer für die Bau GmbH, dieser gibt die Bürgschaftsurkunde heraus und erklärt, dass keinerlei Ansprüche gegen den Gläubiger auf Werklohn oder aus sonstigen Rechtsgründen bestehen.

3 Bestellung eines Notgeschäftsführers durch Gericht

Das Gericht wird nicht von Amts wegen tätig, sondern nur auf Antrag eines Beteiligten. Beteiligter in diesem Sinne ist jeder, der an der Bestellung des Notgeschäftsführers ein Interesse hat. Das können neben den einzelnen Gesellschaftern sonstige Organmitglieder, der Betriebsrat oder auch – wie im vorgenannten Beispiel – Gläubiger der GmbH sein. Schlägt der Antragsteller eine bestimmte Person vor, ist das Gericht hieran nicht gebunden. Sowohl die Geschäftsführungsbefugnis als auch die Vertretungsmacht entsprechen derjenigen eines ordentlichen Geschäftsführers.

Das Gericht kann die Geschäftsführungsbefugnis des Notgeschäftsführers auf bestimmte Handlungen beschränken. Das gilt nicht für die Vertretungsmacht. Nach außen vertritt der Notgeschäftsführer die Gesellschaft ohne Beschränkungen. Niemand ist zur Annahme des Amtes als Notgeschäftsführer verpflichtet. Erforderlich ist, dass der vom Gericht bestellte Notgeschäftsführer das Amt auch annimmt.

Abberufen kann den Notgeschäftsführer nur das bestellende Gericht, nicht jedoch die Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafter können die Abberufung des Notgeschäftsführers beim Gericht beantragen. Bestellen die Gesellschafter einen ordentlichen Geschäftsführer, endet das Amt des Notgeschäftsführers auch ohne Abberufung durch das Gericht.

 
Praxis-Tipp

Vergütung sicherstellen

Das Gericht macht die Bestellung des Notgeschäftsführers in der Praxis häufig davon abhängig, dass der zu Bestellende keine Ansprüche wegen seiner Vergütung gegenüber der Staatskasse geltend macht. Das Amt des Notgeschäftsführers sollte daher nur dann übernommen werden, wenn die Vergütung sichergestellt ist. Dies wäre sie, wenn genügend Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder wenn sich entsprechend vermögende Gesellschafter zur Übernahme der Vergütung verpflichten. Es ist ratsam auch gleich die Höhe der Vergütung zu regeln und auf die Zahlung eines Vorschusses zu ...

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