Prof. Dr. Claudia Ossola-Haring
Ist eine GmbH überschuldet, hatte der Geschäftsführer bislang höchstens 3 Wochen, nach der Neuregelung 6 Wochen Zeit, die Überschuldung zu beheben. Gelingt ihm das nicht, muss er Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete GmbHs war Corona-bedingt zunächst bis zum 31.12.2020 ausgesetzt, wurde dann aber erneut zu verlängert und gilt nunmehr bis Ende April 2021.
Die Überschuldung einer GmbH ist aber nur dann ein Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn keine positive Fortführungsprognose mehr angestellt werden kann, wenn das Unternehmen also nicht mehr sanierungsfähig ist. Im Fall einer positiven Fortführungsprognose braucht die rechnerische Überschuldung nicht mehr geprüft zu werden, es muss also keine Überschuldungsbilanz nach Zerschlagungswerten erstellt werden, denn bei positiver Fortführungsprognose entfällt die Insolvenzantragspflicht. Anders ausgedrückt: Allein die Überlebensprognose reicht, um die Insolvenzantragspflicht aufzuheben.
Das 2-Stufen-Verfahren bei der Überschuldungsprüfung
Die Insolvenzordnung schreibt für die Überschuldungsprüfung die 2-stufige alternative Überschuldungsprüfung vor. Darin wird jetzt zunächst geprüft, ob die Gesellschaft fortbestehen kann. Nur wenn diese Fortbestehensprognose negativ ist, spielt der Überschuldungsstatus noch eine Rolle.
Stufe 1: eine Fortbestehensprognose erarbeiten
Eine Gesellschaft kann trotz aktueller wirtschaftlicher Probleme in der Zukunft eine Chance haben. Dies muss bei der Überschuldungsprüfung nach allgemeiner Auffassung für das laufende und das folgende Jahr geprüft werden. Dazu müssen Sie diese Pläne für den Prüfungszeitraum erstellen:
- eine Ertragsplanung, die den wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft feststellt.
- eine Liquiditätsplanung, die auf der Grundlage der Ertragsplanung die Liquidität der Gesellschaft über den Prüfungszeitraum darstellt.
- eine Finanzplanung, die Auskunft über die Finanzierung eventueller Mittelbedarfe aus der Liquiditätsplanung gibt.
Bei der Fortführungsprognose darf das "Prinzip Hoffnung" nicht überstrapaziert werden. Vor allem gilt es, die aktuellen Probleme respektive die Probleme, die zur Krise geführt haben zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Die Annahmen müssen zwar nicht 100 %ig sicher, aber realitätsnah sein.
Durch Berater absichern
Lassen Sie sich bei der Aufstellung der Fortführungsprognose durch externe Berater unterstützen –auch wenn diese Geld kosten. Dieses Geld ist gut angelegt. Denn der unverfälschte und emotionslose Blick von außen bringt Realitätsnähe in die Annahmen und sichert Sie als Geschäftsführer ab.
Wenn die Fortführungsprognose ergibt, dass über den Zeitraum des laufenden und des folgenden Jahres das Unternehmen wirtschaftlich überleben kann, dann muss der Geschäftsführer keine Insolvenz anmelden. Ist die Prognose negativ, dann muss festgestellt werden, ob eine Überschuldung besteht.
Stufe 2: den Überschuldungsstatus feststellen
Es steht fest, dass die Gesellschaft wirtschaftlich nicht erfolgreich sein kann und deshalb zerschlagen wird. Der Überschuldungsstatus ermittelt jetzt, ob die GmbH bei der Auflösung alle Gläubiger bedienen kann. Daher müssen Sie für die einzelnen Vermögensgegenstände als Zeitwerte die Liquidationswerte (Zerschlagungswerte) im Überschuldungsstatus ansetzen. Wie hoch die Liquidationswerte anzusetzen sind, hängt von der Liquidationsstrategie ab. Maßgebend sind
- der Grad der Zerschlagung der Unternehmensteile sowie
- der Zeitraum, innerhalb dessen die Verwertung der einzelnen Vermögensgegenstände vorgesehen ist.
Anhand des im Vorfeld erstellten Finanzplans kann man feststellen, wie lange die liquiden Mittel ohne die Berücksichtigung von Liquidationserlösen ausreichen, ohne dass es zu Zahlungsengpässen kommt. Treten in naher Zukunft bereits Engpässe auf, so ist mit der Veräußerung Eile geboten. In der Regel sind in einer solchen Situation keine Höchstpreise zu erzielen. Dies hat zur Konsequenz, dass diese voraussichtlich niedrigen Veräußerungserlöse Grundlage für die Werte im Überschuldungsstatus sind.
Ergeben sich dagegen aufgrund des Finanzplans keine kurzfristigen Liquiditätsengpässe, können im Überschuldungsstatus höhere Werte angesetzt werden. Diese haben dann realistische Chancen, auf dem Markt durchgesetzt zu werden.
Auch hier führt die Ermittlung eines negativen Reinvermögens zur Überschuldung mit der Konsequenz der Insolvenzbeantragungspflicht. Ein positives Reinvermögen bei negativer Fortbestehensprognose führt zur drohenden Überschuldung. Im Fall der drohenden Überschuldung sind in kurzen zeitlichen Abständen immer wieder Überschuldungsprüfungen vorzunehmen.
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