Prof. Dr. Claudia Ossola-Haring
Wenn eine GmbH überschuldet ist und es ist keine positive Überlebensprognose gestellt worden, muss die Geschäftsführung binnen maximal 6 Wochen nach Eintritt der Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Dabei ist jeder GmbH-Geschäftsführer verpflichtet, sich selbst ständig über die wirtschaftliche Lage seiner GmbH zu informieren. Diese Pflicht kann er nicht delegieren, auch nicht z. B. auf den Steuerberater der GmbH. Der Geschäftsführer selbst muss regelmäßig anhand seiner Buchhaltung und den betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) prüfen, ob eine Überschuldung vorliegen könnte oder droht.
Bei Verdacht auf Überschuldung sollte der Geschäftsführer im eigenen Interesse einen Experten (Steuerberater) ausdrücklich beauftragen, einen Überschuldungsstatus zu erstellen.
Folgen bei Pflichtverletzung
Verletzt der Geschäftsführer die Pflicht, die mögliche Überschuldung zu prüfen und daraus die Konsequenzen zu ziehen, riskiert er eine Bestrafung wegen verspäteter Insolvenzanmeldung. Das GmbHG sieht dafür Geld- oder Freiheitsstrafe vor. Allerdings wird ein solches Verhalten (zunächst) der kleineren bis mittleren Kriminalität zugerechnet. Bei Ersttätern werden deshalb fast regelmäßig kleinere Geldstrafen oder kurzfristige Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden, verhängt. Oft wird auch das Ermittlungsverfahren wegen verspäteter Insolvenzanmeldung gegen Zahlung einer Geldbuße laut Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Das geschieht vor allem dann, wenn beispielsweise der Gesellschafter-Geschäftsführer durch den Zusammenbruch seiner GmbH selbst schwere wirtschaftliche Verluste erlitten oder seine Existenzgrundlage verloren hat.
In der Praxis werden regelmäßig nur solche GmbHs und deren Geschäftsführer einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unterzogen, bei denen die wirtschaftlichen Probleme aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens bzw. dessen Nichteröffnung mangels Masse offenkundig sind. Im Zweifelsfall gehen Strafgerichte nur dann von einer Überschuldung aus, wenn alle (!) Anzeichen übereinstimmend darauf hinweisen, dass eine Überschuldung gegeben ist: Die Passiva müssen folglich die Aktiva eindeutig und erheblich übersteigen und es darf keine Überlebensprognose gestellt worden sein. Da der Insolvenzgrund "Zahlungsunfähigkeit" einfacher nachweisbar ist, beschränken die Strafverfolger ihre Ermittlungen häufig auf dieses Tatbestandsmerkmal.
Im zivilrechtlichen Bereich – bei Entscheidungen über Insolvenzanträge – stellt sich die Frage, ob Überschuldung gegeben ist oder nicht, allerdings häufiger. Dabei kommt es entscheidend auf die Bewertung der Bilanzpositionen an.