Leitsatz
1. Die Abtretung eines kaufvertraglichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft und die Begründung der Verpflichtung dazu unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer.
2. Gleiches gilt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vom bisherigen Gesellschafter unmittelbar auf den Abtretungsempfänger.
3. Das FG ist nicht berechtigt, den vom FA in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer zu Unrecht festgestellten Erwerbsvorgang durch einen anderen zu ersetzen.
Normenkette
§ 1 Abs. 3 Nrn. 1, 2, 3 und 4, Abs. 6, § 17 GrEStG
Sachverhalt
Die A-Bank verkaufte ihre Anteile an der – über weitere Beteiligungen – grundbesitzenden B-AG an die C-Bank mit der Berechtigung der C-Bank, eine Gesellschaft ihrer Unternehmensgruppe als Käuferin zu benennen. Die C-Bank benannte die Klägerin. Zur Umsetzung der Benennung schlossen alle drei Parteien (A- und C-Bank, Klägerin) eine Änderungsvereinbarung. Die A-Bank trat die Anteile an der B-AG unmittelbar an die Klägerin ab.
Das Finanzamt erließ im Hinblick auf den Verkauf der Anteile einen Bescheid gegen die C-Bank auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GrEStG (Anteilsvereinigung). In der Anteilsübertragung sah das Finanzamt einen weiteren grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GrEStG und erließ einen Bescheid gegenüber der Klägerin; die A-Bank war als Veräußerin genannt. Im Einspruchsverfahren der Klägerin stützte das Finanzamt seinen Bescheid nunmehr auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG (schuldrechtliche Anteilsübertragung) mit der C-Bank als Veräußerin. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg; das Finanzgericht (FG Köln, Urteil vom 26.3.2014, 5 K 235/11, Haufe-Index 7016731, EFG 2014, 1501) wollte den Bescheid freilich auf § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG (dingliche Anteilsübertragung) gestützt sehen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat der Klägerin recht gegeben.
- Keine Steuerbarkeit der Änderungsvereinbarung
Der Eintritt der Klägerin in den zwischen der A-Bank und der C-Bank geschlossenen Anteilskaufvertrag unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfasst nur die Begründung eines Anspruchs auf Übertragung der Anteile an einer Gesellschaft, nicht aber die Abtretung eines bereits bestehenden Übertragungsanspruchs oder die Verpflichtung dazu. Derartige "Zwischengeschäfte" werden nicht erfasst. Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 GrEStG – der z.B. die Fälle der Abtretung beim Grundstückskaufvertrag erfasst – auf die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG ist nicht zulässig; dies verstieße gegen das Verbot der Ausweitung belastender Besteuerungstatbestände.
- Keine Ersetzung des Steuergegenstandes durch das Finanzgericht
Das Finanzgericht durfte den Erwerbsvorgang, für den die Besteuerung erfolgte (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG), nicht durch einen Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG) ersetzen, an dem ein anderer Veräußerer beteiligt war: Im Streitfall hat das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung verbindliche Feststellungen über den Steuergegenstand, nämlich den Anteilserwerb der Klägerin von der C-Bank, getroffen. Das Finanzgericht durfte weder den Steuergegenstand noch die Veräußerin austauschen.
- Keine Steuerbarkeit der Anteilsübertragung
Die Übertragung der Anteile an der B-AG auf die Klägerin ist entgegen der Ansicht des Finanzgerichtes auch nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerbar. Denn der Übertragung ist ein Rechtsgeschäft vorausgegangen, das seinerseits nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt. Aufgrund des Kaufvertrags ist ein Anspruch der C-Bank gegen die A-Bank auf Übertragung der Anteile an der B-AG begründet worden. Damit waren die Grundstücke der B-AG grunderwerbsteuerrechtlich der C-Bank und nicht mehr der A-Bank zuzurechnen. Dies schließt eine erneute fiktive Veräußerung derselben Grundstücke durch die A-Bank nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG aus.
Unerheblich ist, dass die Klägerin nicht an dem ursprünglichen, den Anspruch auf Übertragung der Anteile begründenden Rechtsgeschäft beteiligt war. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie beim vergleichbaren Eintritt in einen bereits bestehenden Grundstückskaufvertrag.
Hinweis
Der Besprechungsfall handelt von einer in der Praxis bei Umstrukturierungsmaßnahmen ("M&A Transaktionen") auftretenden Gefahr mehrfacher Grunderwerbsteuerbelastung. Es geht dabei um den Erwerb aller oder wenigstens 95 % der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaft. Hierbei ist häufig nach einem Kauf dieser Anteile, z.B. durch eine Konzernmutter, noch nicht klar, auf welche Konzerntochter – oder andere Gesellschaft – die Anteile tatsächlich übertragen werden sollen. Für diese Entscheidung lässt sich die Konzernmutter von der Verkäuferin der Anteile ein Benennungsrecht einräumen. Nach der Entscheidung über die Person der endgültigen Erwerberin kommt es deshalb zu einem weiteren schuldrechtlichen Rechtsgeschäft in Form einer "Vertragsübernahme". Die endgültig...