Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. 21.01.1994, 34-S 4521-9/36-3031
1 Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes ist jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Dabei ist unerheblich, ob die Leistung auf freiwilliger oder gesetzlicher Grundlage beruht.
1.1 Bei einem Kauf gelten als Gegenleistung der Kaufpreis einschl. der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 Abs. l Nr. l GrEStG).
1.1.1 Als sonstige Leistungen kommen Leistungen aller Art in Betracht, die an sich der Verkäufer zur Erfüllung der ihm nach § 433 BGB obliegenden Pflicht, dem Käufer das Grundstück zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen, aufzuwenden hätte, die aber vom Käufer getragen werden (RFH-Urteile vom 20.03.23 und 18.12.42, RFHE Band 12, 32 und Band 52, 291; BFH-Urteil vom 21.11.74, BStBl. 1975 II, 362).
1.2 Bei der Enteignung gilt als Gegenleistung die Entschädigung. Wird ein Grundstück enteignet, das zusammen mit anderen Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit bildet, so gehört die besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke nicht zur Gegenleistung; dies gilt auch dann, wenn ein Grundstück zur Vermeidung der Enteignung freiwillig veräußert wird (§ 9 Abs. l Nr. 7 GrEStG).
1.2.1 Unter „Entschädigung” sind Leistungen zu verstehen, die im Enteignungsverfahren als Entschädigung festgesetzt und dem Entschädigungsberechtigten zugesprochen werden (BFH-Urteil vom 05.02.75, BStBl. II, 454).
Sie werden gewährt für
- den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust und
- andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile.
1.2.2 Zu den Entschädigungen im Sinne des § 9 Abs. l Nr. 7 GrEStG gehören außer der Barentschädigung oder einer Landentschädigung auch sonstige Leistungen, die der Enteignungsberechtigte dem Inanspruchgenommenen bzw. dem Verkäufer gegenüber für den Erwerb des Grundstücks erbringt. Zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören jedoch keine Leistungen, mit denen nicht der Erwerb des Grundstücks abgegolten wird.
2.1 Für eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung ist Voraussetzung, dass eine Enteignung ernstlich gedroht hat. Außerdem bedarf die besondere Entschädigung für die Wertminderung der nichtveräußerten Grundstücke der Vereinbarung im Kaufvertrag.
2.1.1 Eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung liegt dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrages eine Enteignung formell und materiell möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.80, BStBl. II, 362). Diese Voraussetzung ist ohne weitere Nachprüfung als erfüllt anzusehen, wenn die zuständige Enteignungsbehörde bestätigt, dass die Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung erfolgte.
2.1.2 Grundstückserwerbe durch den Bund für Zwecke der Verteidigung setzen den Abschluss des in S l Abs. 2 und 3 Landesbeschaffungsgesetzes – LBG – vorgeschriebenen Verfahrens voraus. Da nach Abschluss dieses Verfahrens auch eine Enteignung zulässig wäre, erfolgen freiwillige Veräußerungen für Verteidigungszwecke stets zur Vermeidung der Enteignung. Einer Bestätigung im Sinne der vorstehenden Tz. 2.1.1 bedarf es deshalb nicht.
2.1.3 Grundstücksveräußerungen an die Straßenbauverwaltung für Zwecke von Straßenbauvorhaben stellten stets eine Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung i.S. des § 9 Abs. l Nr. 7 GrEStG dar, wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.
3.1 Zur Gegenleistung gehören aber nach S 9 Abs. l Nr. l oder Nr. 7 GrEStG zum Beispiel:
- dem Verkäufer gewährte Entschädigungen für die Räumung des Kaufgrundstücks und den etwaigen Erwerb eines Ersatzgrundstücks (z.B. Entschädigungen für Umzugs- und Verlegungskosten, Restbetriebsbelastungen, Erwerbsverluste; RFH-Urteil vom 18.12.42, RFHE Band 52, 291; BFH-Urteil vom 01.04.53, BStBl. III, 145),
- Entschädigungen für Aufwuchs (z.B. Holzbestand, Dauerkulturen) und Aufbauten,
- Entschädigungen, die der Veräußerer des Teils eines Betriebsgrundstücks für eine Betriebseinschränkung auf dem Restgrundstück erhält, wenn die Betriebseinschränkung unmittelbare Folge der Veräußerung des Grundstücks ist. Entsprechendes gilt für Vergütungen, die für den Abbruch von Gebäuden auf dem veräußerten Grundstücksteil geleistet werden (BFH-Urteil vom 24.06.1992, BStBl. II, 986),
- die vom Erwerber übernommenen Kosten der Vermessung und Beschaffung von Katastermaterial, die als Kosten der Übergabe der verkauften Sache nach § 448 BGB dem Verkäufer zur Last fallen (BFH-Urteil vom 21.11.74, BStBl. II 1975, 362) – wegen der Ausnahmen vgl. 3.2 –,
- Kostenübernahme des Erwerbers z.B. nach § 5 LBG (auch wenn dies im Kaufvertrag selbst nicht vereinbart ist), z.B. für Ersatz oder Verlegung von Verkehrs-, Fernmelde- oder Versorgungseinrichtungen sowie von Einrichtungen und Anlagen der Abwasserwirtschaft,
Beispiel:
Die Gemeinde X veräußert ein Grundstück, über das ein Gemeindeweg verläuft, an d...