Kommentar
Verpflichtet sich der Erwerber eines im Zustand der Bebauung befindlichen Grundstücks gegenüber dem Grundstücksverkäufer , an dessen Stelle in einen bestehenden Vertrag mit einem Dritten über die Errichtung bzw. Fertigstellung des Bauvorhabens einzutreten, kann daraus nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände der Schluß gezogen werden, der Grundstücksveräußerer und der Dritte hätten in Abstimmung untereinander darauf hingewirkt, dem Erwerber ein Grundstück in fertig bebautem Zustand zu verschaffen. Ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Verträgen , die der Errichtung des Gebäudes dienen, kann u.a. in den Fällen vorliegen, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das „Ob” und „Wie” einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Die Bindung an eine bestimmte Bebauung reicht als solche aber dann nicht aus, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen auftreten. Hier liegt ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen nur vor, wenn die auf der Veräußererseite auftretenden Personen aufgrund einer vertraglichen Abrede bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluß aller Verträge hinwirken (BFH, Urteil v. 8.11.1995, II R 83/93, BFH/NV 1996 S. 637, 639).
Wegen der Höhe der Bemessungsgrundlage bei Erwerb eines Grundstücks, das sich bei Vertragsabschluß bereits im Zustand der Bebauung befindet, führt der BFH aus: Entscheidend sei grundsätzlich nicht , in welchem Zustand sich das Grundstück im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs befindet. Es sei vielmehr maßgebend , in welchem Zustand das Grundstück erworben werden soll, d.h. in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück nach dem Willen der Vertragsbeteiligten zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 19.1.1994, II R 52/90 , BStBl 1994 II S. 409). Dies gilt aber dann nicht , wenn ein Grundstück nach dem Willen der Vertragsbeteiligten in einem Zustand zum Gegenstand des Vertrags gemacht wird, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. Befindet sich ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrags im Zustand der Bebauung und hat sich der Veräußerer gegenüber dem Erwerber nicht zur Fertigstellung des Gebäudes verpflichtet, erfaßt der Grundstückskaufvertrag – unabhängig vom Willen der Vertragsbeteiligten – grunderwerbsteuerrechtlich notwendigerweise jedenfalls diejenige Bausubstanz , die im Zeitpunkt der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit des Kaufvertrags bereits vorhanden ist ( Grunderwerbsteuer ).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.09.1997, II R 24/95