Gleichlautende Ländererlasse v. 21.3.2007, BStBl I 2007, 422
1. Allgemeiner Teil
Die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen bzw. nur von abhängigen Unternehmen ist ein besonders geregelter Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung (BFH-Urteil vom 16.1.1980, II R 52/76, BStBl 1980 II S. 360). Das Abhängigkeitsverhältnis ersetzt dabei die sonst für die mittelbare Anteilsvereinigung in einer einzigen Hand erforderliche direkte oder indirekte mindestens 95 %ige Beteiligung des Erwerbers an zwischengeschalteten Gesellschaften (BFH-Urteil vom 8.8.2001, II R 66/98, BStBl 2002 II S. 156).
Dem Rechtsinstitut der Organschaft kommt im Grunderwerbsteuerrecht keine besondere eigenständige Bedeutung zu. Die Unternehmen eines Organkreises bleiben grunderwerbsteuerrechtlich selbstständige Rechtsträger. Grundstücksübertragungen zwischen Unternehmen des Organkreises unterliegen daher uneingeschränkt der Grunderwerbsteuer. Bedeutung erlangt die Organschaft allerdings im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG, weil mit dem Bestehen eines Organschaftsverhältnisses regelmäßig die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung von Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG verbunden ist. In derartigen Fällen werden das herrschende Unternehmen (Organträger) und das oder die abhängigen Unternehmen (Organgesellschaften), die einen Organkreis bilden, als „eine” Hand im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG behandelt. Das Organschaftsverhältnis modifiziert lediglich das Kriterium der „einen Hand.” Der Organkreis ist jedoch nicht als Einheit selbst grunderwerbsteuerlicher Rechtsträger.
Ob eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung vorliegt, ist entsprechend den Grundsätzen aus § 2 Abs. 2 UStG zu beurteilen.
Als abhängige Unternehmen kommen in erster Linie juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht. Eine juristische Person gilt dann als abhängiges Unternehmen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG). Abhängiges Unternehmen kann auch eine Personengesellschaft sein, wenn deren Gesellschafter entweder das herrschende Unternehmen und abhängige juristische Personen oder nur abhängige juristische Personen sind (BFH-Urteil vom 8.8.2001, II R 66/98, BStBl 2002 II S. 156).
Herrschendes Unternehmen kann jeder Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinn sein. Die Anteile an den untergeordneten juristischen Personen dürfen bei einer natürlichen Person jedoch nicht im Privatvermögen gehalten werden (BFH-Urteil vom 20.3.1974, II R 185/66, BStBl 1974 II S. 769).
Daraus ergibt sich, dass neben den Organgesellschaften auch der Organträger in einem grunderwerbsteuerlichen Organschaftsverhältnis zwingend Unternehmer sein muss. Anders als bei der Umsatzsteuer ist das grunderwerbsteuerliche Organschaftsverhältnis nicht auf das Inland beschränkt (BFH-Urteil vom 21.9.2005, II R 33/04, BFH/NV 2006 S. 609, und BFH-Beschluss vom 18.11.2005, II B 23/05, BFH/NV 2006 S. 612), sofern nur die Grundstücke, deren Erwerb bei den Rechtsvorgängen des § 1 Abs. 3 GrEStG fingiert wird, im Inland belegen sind.
Die bloße Begründung eines Organschaftsverhältnisses oder dessen Änderung, z.B. eine Erweiterung des Organkreises, löst keinen Rechtsträgerwechsel an Grundstücken und damit keine Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG aus, wenn nicht zugleich ein auf den Erwerb von Anteilen gerichtetes Rechtsgeschäft (z.B. Anteilsübertragung) oder der Übergang von Anteilen (z.B. Verschmelzung) damit verknüpft ist. Von einer solchen Verknüpfung ist auch dann auszugehen, wenn zwischen dem Anteilserwerb bzw. -übergang und der Begründung des Organschaftsverhältnisses ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang im Sinne eines vorgefassten Plans vorliegt. Ob der Anteilserwerb bzw. -übergang und die Begründung eines Organschaftsverhältnisses aufgrund eines vorgefassten Plans erfolgen, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.
Dem tatsächlichen Vollzug eines solchen Plans kommt dabei keine eigene tatbestandsbegründende, sondern indizielle Bedeutung für die Vorstellungen und Absichten (den Plan) der Beteiligten im Erwerbszeitpunkt zu. Erfolgt in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilserwerb bzw. -übergang die Begründung eines Organschaftsverhältnisses, besteht eine tatsächliche (widerlegbare) Vermutung, dass beide Vorgänge auf einem vorgefassten auf ein einheitliches Ziel gerichteten Plan beruhen. Diese Vermutung kann der Steuerpflichtige allerdings dadurch widerlegen, dass er substantiiert belegbare Tatsachen vorträgt, die einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen lassen.
Ein zeitlicher Zusammenhang kann regelmäßig noch angenommen werden, wenn zwischen beiden Vorgängen ein Zeitraum von nicht mehr als 15 Monaten liegt.
Im Übrigen ist die Subsidiarität des Tatbestandes...